Nach Pfusch im Koma: Arzt soll 1 Million zahlen!

Ohne den fehlgeschlagenen Eingriff könnte Monika M. heute Familie und Bauernhof versorgen. Bei einer schiefgelaufenen Sterilisation wurde die Bauchschlagader verletzt. Die Blutung wurde zu spät gestoppt, die junge Frau liegt seit fünf Jahren im Wachkoma.
von  Abendzeitung
Schlug als Vergleichs-Angebot eine Million Euro vor: Richterin Brigitte Schmechtig-Wolf.
Schlug als Vergleichs-Angebot eine Million Euro vor: Richterin Brigitte Schmechtig-Wolf. © Bayernpress

Ohne den fehlgeschlagenen Eingriff könnte Monika M. heute Familie und Bauernhof versorgen. Bei einer schiefgelaufenen Sterilisation wurde die Bauchschlagader verletzt. Die Blutung wurde zu spät gestoppt, die junge Frau liegt seit fünf Jahren im Wachkoma.

NÜRNBERG Was ist das gesunde Leben einer vierfachen Mutter wert? Monika M. war 32 Jahre alt, als sie nach einer schiefgelaufenen Sterilisation fast verblutete. Seitdem liegt die junge Frau im Wachkoma – seit inzwischen fünf Jahren! Deshalb führt der verzweifelte Ehemann Ewald M. aus der Oberpfalz einen Zivilprozess gegen den verantwortlichen Gynäkologen. Vor dem Nürnberger Landgericht verklagte der Landwirt den Arzt auf Zahlung von mehreren Millionen Euro als Schadensersatz – angesichts der zu erwartenden Pflegekosten für die nächsten Jahre.

Doch die Beweislage ist nach Meinung der 4. Zivilkammer nicht eindeutig. Trotzdem schlug die Vorsitzende Richterin Brigitte Schmechtig-Wolf einen Vergleich in Höhe von einer Million Euro vor – ein für deutsche Schadensersatzverhältnisse spektakulär hoher Betrag. „Wir werden die Sache überprüfen und mit dem Mandanten besprechen“, so Anwalt Konrad Wilfurth, der den Kläger vertritt.

Nur ein Routine-Eingriff

Es ist ein so tragischer – aber auch ein so verzwickter Fall: Monika M.s jüngstes Kind war 18 Monate, als sie sich zur Sterilisation entschloss. Der Gynäkologe sprach von einem Routine-Eingriff, den er als Belegarzt im Krankenhaus Altdorf durchführen wollte.

Doch wegen Renovierung der OP-Säle musste man ins Krankenhaus Lauf ausweichen. Am 29. Februar 2003 sollten dann bei einem Routine-Eingriff die Eileiter von Monika M. durchtrennt werden. Dabei verletzte der Arzt die Bauchschlagader, schaffte es nicht, die massive Blutung zu stoppen. Zwei Chirurgen und eine Anästhesistin des Krankenhauses wurden nach einiger Zeit hinzugeholt. Sie taten ihr Bestes, doch Monika M. wachte nicht mehr auf.

Ein Gutachter sah vor Gericht keine Fehler beim Eingriff des Frauenarztes. In seltenen Fällen könnten eben Komplikationen auftreten – damit müsse man rechnen. Außerdem könne man von einem Gynäkologen keine praktischen Kenntnisse über das Stillen großer Blutgefäße erwarten. Nicht besonders ins Gewicht fiel auch, dass der Arzt keinen Notfallplan für solche Eingriffe hatte. Und dass es mehr als einen Zweitages-Schnellkurs bedarf (den der Arzt gemacht hatte), um diese OP-Methode richtig zu beherrschen.

Allerdings hatte der Mediziner die Unterschrift Monika M.s unter dem Aufklärungsbogen nach der Operation gefälscht – das gab er zu! Ob er die Frau vorher eingehend mündlich über alle Risiken aufgeklärt hatte blieb offen.

Fest steht: Ohne den fehlgeschlagenen Eingriff könnte Monika M. heute Familie und Bauernhof versorgen. Doch sie liegt im Wachkoma in einer Betreuungseinrichtung in Regensburg, die monatlich tausende von Euro an Zuzahlung kostet. Die einst so liebevolle Mutter hat eine Lebenserwartung von noch gut 30 Jahren. Und dass man ihre lebensspendenden Apparate irgendwann abstellt, kommt für den Ehemann auf keinen Fall in Frage.

cis

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