Nach Mord an Hanna: So ist die Stimmung in Aschau
Aschau - Der Bäckersfrau kommen die Tränen, wenn man sie auf Hanna anspricht. Sie will nichts dazu sagen, ebenso wenig die Verkäuferin oder die Cafébesitzerin. Zu tief sitzt der Schock in Aschau.
Polizei geht von Gewaltverbrechen aus
Das Grauen hat sich vor fast einem Monat in der oberbayerischen Postkarten-Idylle ausgebreitet. Hanna starb nach einem Clubbesuch im Eiskeller auf ihrem Heimweg. Noch ist völlig unklar, was passiert ist und wie die Medizinstudentin zu Tode kam. Nur, dass es ein Gewaltverbrechen war, gilt laut Polizei als erwiesen. Neue Erkenntnisse zum Täter gibt es aber immer noch nicht.
Und das in einem Dorf, in dem sich viele in der "heilen Welt" wähnten. So ging es auch Max Kaffl. "Man kann es fast nicht glauben. So was ist bei uns noch nie passiert", sagt der 31-Jährige. Der Ort stehe unter Schock. Er selbst war erst länger in Australien und kann kaum fassen, dass das nette Mädchen tot ist. "Wir wissen alle gar nicht, wie wir das verarbeiten sollen", sagt der junge Mann. Sein Sicherheitsgefühl sei erschüttert.
Der Schock sitzt überall im Dorf tief
Einer Frau, die mit ihrem Hund unterwegs ist, steht die Angst ins Gesicht geschrieben. Bei Dunkelheit gehe sie nicht mehr raus. Ihren Namen will sie aber nicht in der Zeitung lesen. Zu groß ist die Sorge bei vielen Aschauern, die Gefühle von Hannas Familie zu verletzen.

Wie eng verzahnt Hanna mit der Dorfgemeinschaft war, zeigt sich schon bei einer Nachfrage in der Aschauer Touristinfo. Deren Chef Herbert Reiter ist mit Hanna verwandt.
Niemand kann es glauben
Seine Mitarbeiterin war eine Freundin und besuchte sogar in der schicksalhaften Nacht gemeinsam mit Hanna den Eiskeller. Sagen möchten beide nichts dazu. Nur so viel: Unfassbar sei das Geschehene. Auch für Außenstehende. "Ich finde das ganz fürchterlich und muss gleich an meine eigene Tochter denken", sagt Loana Lemke. Sie lebt zwar inzwischen in Hamburg, ist aber regelmäßig zu Besuch in Aschau.
"Wenn die Distanz etwas größer wäre, wären wir vielleicht etwas gelassener", sagt Christian Huber. Von einem ewigen Fragezeichen spricht Huber und seine Unruhe ist spürbar. "Es ist ein Gegensatz: Der Alltag geht weiter, aber da ist was passiert und das ist immer noch nicht geklärt", sagt seine Frau Alraune. "Wir sind völlig aus der Bahn geworfen."

Der Künstler und seine Frau leben genau zwischen dem Eiskeller und dem Bärbach, in dem Hannas Ring gefunden wurde. Und somit auch in der Nähe des möglichen Tatorts. Das mache es erst recht unerträglich: "Wir haben so ein schwelendes Gefühl der Ohnmacht: Warum konnten wir nicht eingreifen?" Das spreche zwar niemand aus, aber Huber habe manchmal schon den Eindruck, als müsse er sich rechtfertigen.
Vieles hat sich verändert
Es fühlt sich zwar noch sicher in Aschau, seiner Frau geht es aber anders. "Früher bin ich in der Dämmerung oft zum Schloss hinauf spaziert und habe mir nie etwas dabei gedacht." Jetzt sei sie vorsichtiger. In der Dunkelheit gehe sie nicht mehr allein in die Nähe des Waldes.
Vor einigen Tagen haben die beiden nachts Licht beim Bärbach gesehen. Christian und Alraune Huber seien sofort hingerannt. In der Hoffnung, eben nicht wieder etwas wichtiges zu verschlafen. "Das Ergebnis war dann etwas peinlich: Es waren Wanderer mit Stirnlampen."