Missbrauchsopfer werfen Kirche Versagen vor

Keine Spur von Krisenmanagement: Die Opfer des Missbrauchsskandals im Kloster Ettal lassen kein gutes Haar an der katholischen Kirche.
von  dpa
Die Opfer von sexuellem Missbrauch im Kloster Ettal werfen der katholischen Kirche Versagen bei der Aufarbeitung des Skandals vor.
Die Opfer von sexuellem Missbrauch im Kloster Ettal werfen der katholischen Kirche Versagen bei der Aufarbeitung des Skandals vor. © dpa

Keine Spur von Krisenmanagement: Die Opfer des Missbrauchsskandals im Kloster Ettal lassen kein gutes Haar an der katholischen Kirche. Doch den 500 000-Euro-Fonds begrüßen sie. Das Geld müsse nun rasch ausgezahlt werden.

München/Ettal  – Die Opfer von sexuellem Missbrauch im Kloster Ettal werfen der katholischen Kirche Versagen bei der Aufarbeitung des Skandals vor. „Niemand greift ein, wenn die Organisation der jeweiligen Täter sich nicht bewegen will“, kritisierte der Sprecher des Vereins Ettaler Misshandlungs- und Missbrauchsopfer, Robert Köhler, am Freitag in München. „Daher steht der Einzelne der Kirche komplett machtlos gegenüber.“    

Es fehlten in der Kirche Experten zur Krisenbewältigung. Der Verein forderte, dass die Schwachstellen in den Diözesen und Orden abgestellt werden. Jährlich solle ein Bericht darüber vorgelegt werden. Sowohl Köhler als auch der Anwalt des Opfervereins, Stephan Lang, beklagten, dass zahlreiche frühere Ettaler Schüler die Missbrauchsopfer als „Lügner“ und „Nestbeschmutzer“ beschimpften.    

Den Verantwortlichen im Kloster warfen sie ein dilettantisches Krisenmanagement vor. „Seitens des Klosters war im Frühjahr 2010 noch keinerlei Bewusstsein für die Situation der Opfer zu beobachten“, sagte Lang. Die Aufarbeitung des Skandals laufe sehr schleppend. Nach Überzeugung des Opfer-Sprechers Köhler handelt es sich nicht um Einzeltäter. „Die Ursachen des großen Ausmaßes von Misshandlung und sexuellem Missbrauch sind in jahrzehntelangem Organisationsversagen begründet“, sagte Köhler.    

Den vor drei Wochen vom Kloster Ettal vorgestellten Fonds in Höhe von einer halben Million Euro begrüßte der Verein der Missbrauchsopfer ausdrücklich. Opfern soll damit individuell mit bis zu 5000 Euro geholfen werden. Rechtsanwalt Lang forderte in besonders schweren Fällen Sonderzahlungen. Das Geld solle rasch ausgezahlt werden. Berücksichtigt werden auch Fälle, in denen Klosterschüler unter Billigung von Mönchen von Mitschülern geschlagen wurden.    

Im Kloster Ettal war vor gut einem Jahr ein Missbrauchs- und Misshandlungsskandal großen Ausmaßes bekanntgeworden, der bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurückreicht. Sieben Ordensgeistliche werden des sexuellen Missbrauchs beschuldigt. Einige von ihnen sind bereits tot. In einem Fall erhob die Staatsanwaltschaft Anklage. Acht Mönche ohrfeigten ihre Schüler bis ihr Trommelfell platzte oder schlugen sie so brutal, dass die Stöcke auf dem Rücken zerbrachen.

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.