Millionenverluste in Bayern: Steuerzahler-Bund schlägt Alarm

Seit Jahrzehnten gibt der Bund der Steuerzahler (BdSt) jährlich das "Schwarzbuch die öffentliche Verschwendung" heraus. Die jüngste am Dienstag veröffentlichte Ausgabe belegt: An der Bedenkenlosigkeit, mit der vielerorts mit den Steuermitteln umgegangen wird, hat sich nichts geändert, nur die in den Sand gesetzten Beträge werden immer größer.
Wenig Mühe musste der BdSt Bayern aufwenden, um neun Fälle aus dem Freistaat zur bundesweiten Sammlung hanebüchener Verschwendungsfälle zuzuliefern. Die in den Sand gesetzten Summen reichen von 8500 Euro für acht Designerstühle zur Stadtmöblierung bis zu dreistelligen Millionenbeträgen. In einem Fall aus Franken will der BdSt noch das Schlimmste verhindern.

Zunächst zu den ganz dicken Brocken, die der Freistaat Bayern für den Bau eines neuen Strafjustizzentrums in München zu verdauen hat. Beim Spatenstich 2015 sprach die damalige Justizministerin Beate Merk von etwa 240 Millionen für das Projekt. Im vergangenen Jahr musste der Bayerische Landtag schließlich Gesamtkosten von knapp 400 Millionen Euro genehmigen, berichtete BdSt-Bayern-Vizepräsidentin Maria Ritch. Inzwischen enthüllten Medien, dass die Einfahrt zur Tiefgarage des neuen Justizzentrums für Gefangenentransporte zu klein ausgefallen sei.
Das Augsbuger Staatstheater: "Ein Fass ohne Boden"
Das Ende der Fahnenstange ist bei der Sanierung des Augsburger Staatstheaters noch nicht in Sicht. 2016 wurde die Maßnahme von 186 Millionen Euro veranschlagt. Inzwischen explodierten die Kosten um 125 Prozent auf 417 Millionen Euro. Die Fertigstellung wurde immer wieder verschoben und wird jetzt für 2030 in Aussicht gestellt. BdSt-Vizin Ritch befürchtet, dass die Kosten für das Kulturprojekt bis dahin auf über 600 Millionen Euro gestiegen sein werden: "Ein Fass ohne Boden."

100 Millionen für den Umbau einer Stadthalle – und ein Bahnhof, der plötzlich das Doppelte kostet
Von ursprünglich 56 Millionen Euro verdoppelten sich die Kosten für die Sanierung und Umgestaltung der ehemaligen Bayreuther Stadthalle in ein Kultur- und Veranstaltungszentrum auf aktuell 110 Millionen Euro. Die Gründe klingen ähnlich wie in den anderen Fällen: Kostensteigerungen durch höhere Preise und Bauzeitverlängerungen. Von ursprünglich angesetzten acht Millionen Euro haben sich auch die Kosten bei der Sanierung des Bahnhofsgebäudes in Wiesau (Landkreis Tirschenreuth) auf 16 Millionen Euro verdoppelt. Begründung auch hier: Angebliche Preissteigerungen im Bausektor durch Corona- und Ukraine-Krise.
Beim Kostenverdoppeln wollte auch die Stadt Aschaffenburg laut Schwarzbuch nicht hintan stehen. Für den spektakulären Aufzug von der "Oberstadt" zum Mainufer wurden letztlich 3,8 Millionen Euro fällig, nachdem man zunächst von 1,86 Millionen Euro ausgegangen war. Auch wenn der Aufzug noch so prächtig sei, frage man sich, ob Kosten von 3,8 Millionen Euro für eine solche Anlage dem Steuerzahler noch zu vermitteln seien, hieß es beim BdSt in München.
Ochsenfurt: Die Wendeschleife, die nicht anfahrbar ist
Schildbürgerstreiche kosteten in Ochsenfurt und Regensburg dem Steuerzahler zwar keine Millionen, aber doch etliche tausend Euro. In Ochsenfurt baute man eine Bus-Wendeschleife, die aber von den neuen von dem Verkehrsunternehmen des Landkreises Würzburg beschafften Fahrzeugen nicht anfahrbar war. Jetzt musste der Fahrradunterstand für 24.000 Euro versetzt werden. Mit dem Anfahren der Haltestelle klappe es aber immer noch nicht, berichtete BdSt-Vizepräsident Klaus Grieshaber nach persönlichem Augenschein.
Regensburg: 890.000 Euro für eine Toilettenanlage
Regensburg war bereits wegen einer öffentlichen Toilettenanlage für 890.000 Euro in einem früheren "Schwarzbuch" gelandet. In der jüngsten Ausgabe erwarb sich die Oberpfälzer Regierungshauptstadt mit der Anschaffung von acht Designerstühlen für zusammen 8500 Euro ein weiteres Kapitel. Die städtischen Gestalter hatten sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und die stylischen "Plateau StadtSitze" erst in Kiel gefunden. Inzwischen wurden aber sechs der acht Stühle wegen Verwahrlosung und einem Diebstahlversuch abgebaut und die ursprüngliche schnöde Sitzbank wieder montiert.

Auch die Höllental-Brücke wird wohl deutlich teurer als geplant
Ein kostspieliges "Prestigeprojekt" droht nach Ansicht des BdSt im oberfränkischen Landkreis Hof. Über dem Naturschutzgebiet "Höllental" zwischen Bayern und Thüringen soll die weltweit längste frei gespannte Fußgängerbrücke mit einem Kilometer Länge entstehen, dazu eine weitere 400 Meter lange Hängebrücke über das Lohbachtal. Das touristische Projekt ist umstritten und Kostenüberschreitungen deuten sich bereits an. Während 2017 von zwölf Millionen Kosten die Rede war, aktualisierten sich die Voranschläge in diesem Jahr auf 42,1 Millionen Euro.
Nicht so schlimm, meint man bei den Projektbefürwortern. Das Vorhaben werde schließlich zu 70 Prozent nach den "Richtlinien zur Förderung von öffentlichen touristischen Infrastruktureinrichtungen" des Freistaats bezuschusst. Für den BdSt ist das kein Argument für das "große finanzielle Abenteuer", denn am Ende seien ja auch Fördergelder Steuergelder.