Miet-Drama: Diese armen Alten zahlen bald das Doppelte
Rollstuhlfahrer Fritz S. (89) lebt mit seiner Frau seit 55 Jahren am Laufer Tor. Jetzt werden die Altstadt-Wohnungen saniert – und damit auch viel teurer
NÜRNBERG Fritz S.* versteht die Welt nicht mehr. Seine Welt, das sind 58 Quadratmeter in der Laufer Tormauer 14. Hier lebt der 89-Jährige mit seiner Frau Gerda – seit 55 Jahren. Nach fünf Jahren Krieg, fünf Jahren in sowjetischer Gefangenschaft und weiteren fünf Jahren, in denen er mit seiner Mutter in einem Zimmer zur Untermiete lebte, war das seine erste eigene Wohnung. Jetzt soll er statt der bisherigen 269 Euro mehr als 600 Euro Miete bezahlen. Weil das Haus umfangreich modernisiert wird.
Das Gebäude wurde, genau wie zwei Nachbarhäuser, einst für Spätheimkehrer gebaut. Die Wohnungen waren sehr beliebt. „Man hat darum kämpfen müssen“, erinnert sich Fritz S. Heute ist das nicht mehr so. Die drei Häuser stehen größtenteils leer. In der Hausnummer 14 sind nur noch drei von zehn Wohnungen vermietet. In einer davon lebt das Ehepaar S. Die Wohnungen sind alt. Zwar wurden vor sechs Jahren neue Fenster eingebaut. Der Rest des Hauses aber blieb seit 55 Jahren annähernd unverändert.
Das will die Berger Objekt GmbH nun ändern. Sie hat die drei Gebäude in der Laufer Tormauer gekauft – und lässt sie nun komplett modernisieren. Eine neue Heizung, ein neuer Aufzug und Balkone sind geplant. Die Kosten hierfür legt der Eigentümer zum Teil auf die Mieter um. Im Falle von Fritz S. bedeutet das, dass sich die Miete mehr als verdoppelt. „Was soll das? Wofür brauche ich eine neue Heizung. Die alte funktioniert doch noch?“, fragt S. mit einer Mischung aus Wut und Verzweiflung in der Stimme.
Der neue Investor will die Wohnungen in Eigentum umwandeln
Dem Rollstuhlfahrer bleibt nichts anderes übrig, als in seiner Wohnung zu sitzen und den Lärm zu ertragen, der aus den Wohnungen unter und über ihm kommt. Dort werden gerade die Balkontüren eingesetzt. Auch die will Fritz S. nicht haben. Genauso wenig wie den geplanten Balkon. Mit den anderen Mietern hat das Ehepaar S. Widerspruch gegen die geplanten Modernisierungsarbeiten eingelegt. Seither findet die Kommunikation mit dem Eigentümer über einen Anwalt statt.
Der Grund für die aufwändigen Sanierung ist schnell gefunden: Durch den Abriss des Druckereigeländes und den Bau der Sebalder Höfe erfuhr das Wohngebiet in der Umgebung eine deutliche Aufwertung, Wohnungen dort sind wieder sehr gefragt.
Der Investor möchte nun aus den Mietwohnungen Eigentum machen. Die Objekte werden jetzt schon im Internet angeboten. Die Berger GmbH erklärte: „Wir sind jedoch daran interessiert, eine für alle Beteiligten wirtschaftliche tragbare Lösung zu finden.“ Auch entschuldigte sich der Eigentümer über seinen Anwalt für den unglücklichen Ablauf – und kündigte einer Bewohnerin gegenüber mündlich eine Neuberechnung der Mietpreise an. Es scheint als gäbe es einen kleinen Silberstreifen am Horizont für das Ehepaar S. und die anderen Mieter.
Benjamin Heimlich
(* Name geändert)
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