Messerstecher muss an die AOK zahlen!

Brisanter Rechtsstreit: Die Krankenkasse verklagte einen verurteilten Schwerverbrecher. Das Gericht verschärfte daher beim Termin am Montag die Kontrollen – und fand tatsächlich eine Waffe
Marlina Pfefferer |
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Verklagt: Wassily T., der fürs Gericht Freigang hatte.
bayernpress.com Verklagt: Wassily T., der fürs Gericht Freigang hatte.

NÜRNBERG Seit rund drei Jahren sitzt Wassily T.* (23) bereits im Knast – wegen versuchten Mordes. 2008 stach er bei einem Streit in einer Nürnberger Bar einen anderen Gast hinterrücks mit einem Messer nieder und verletzte ihn dabei lebensgefährlich. Der AOK Bayern sollte er jetzt die kostspielige Behandlung zahlen: fast 5800 Euro.

Als der gebürtige Russe dann am Montag am Landgericht Nürnberg erschien, warteten dort bereits zahlreiche Wachen auf den verurteilten Straftäter. Doch auch Besucher und Zeugen mussten sich verschärften Personenkontrollen unterziehen und ihre Taschen leeren, bevor sie in den Saal gelassen wurden. Zur Brisanz des Termins trug sicherlich bei, dass nicht nur der Täter, sondern auch das Opfer als Zeuge geladen war: Mehmet G., der dem Rotlichtmilieu angehören soll. Das Gericht befürchtete bei dieser Konstellation offenbar das Schlimmste – nicht ganz grundlos, wie sich schnell herausstellte.

Ausgerechnet bei dem Opfer der Messerattacke vom Februar 2008 fanden die Wachen – ein Messer! Nachdem es Mehmet G. abgenommen wurde, musste er sich vor dem Richter erklären: „Ich hatte es aus Versehen dabei und dann vergessen.“ Er benutze es normalerweise nur zum Angeln, erklärte der muskulöse Südländer mit der geschniegelten Zopffrisur. Ob das Tragen dieses „Angler-Zubehörs“ im Gericht Konsequenzen haben wird, behielt sich Richter Markus Bader vor.

Im eigentlichen Fall, dem Schadensersatzanspruch der AOK, kam der Richter allerdings schnell zu einem Urteil: Wassily T., der zunächst nicht die vollen Behandlungskosten bezahlen wollte, rechnete er wenig Chancen auf Erfolg aus. Der 23-Jährige versuchte zunächst, sich um die Arzt-Kosten zu drücken. Er erklärte, das Opfer sei zur Hälfte selbst Schuld an seinen Verletzungen, denn es habe ihn provoziert.

Bader ließ dieses dreiste Argument aber nicht gelten: „Wenn einer bereits wegen versuchten Mordes verurteilt ist, kann ich im Zivilverfahren nicht entscheiden, dass das Opfer eine Mitschuld trägt.“ Wassily T., der zunächst siegessicher auftrat, muss nun doch die gesamte Streitsumme an die Kasse bezahlen.

*Alle Namen geändert

 

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