Messer-Killer von Mespelbrunn: Jetzt sieht er aus wie ein Taliban

Hungerstreik und Selbstmordversuch: Der Prozess um den „Spessart-Mörder“ hat begonnen. Alexander R. sagt kein Wort – auch nicht, als ihn die Mutter von Opfer Carmen S. wütend zur Rede stellt
ASCHAFFENBURG Der Blick des mutmaßlichen Frauenmörders von Mespelbrunn ist starr in Richtung der Kameraleute gerichtet, als er am Donnerstag das Landgericht Aschaffenburg betritt. Alexander R., der im Hungerstreik war, verschränkt die Arme vor der Brust. Seine aufrechte Körperhaltung zeugt von Selbstbewusstsein. Eineinhalb Wochen nach Beginn des Mordprozesses nimmt der 37-Jährige aus der kleinen Spessartgemeinde Heimbuchenthal (Kreis Aschaffenburg) erstmals auf der Anklagebank Platz. Kein Wort kommt ihm zunächst über die Lippen.
Die Situation ist bizarr. Der Angeklagte mit dem zotteligen Taliban-Bart und der Halbglatze schweigt eisern. Selbst auf die Fragen des Richters Stefan Tratz sagt er nicht einmal seinen Namen. Auch auf die wütenden Vorwürfe der Mutter seines Opfers Carmen S. reagiert er während einer Verhandlungspause nicht. „Du schaust mich an, als wenn du aus Stein wärst“, sagt Kristina B., „musstest du sie ermorden, nur weil sie dich nicht haben wollte?“. Sein Blick geht stur nach vorne. Er macht sich beständig Notizen, wirkt konzentriert und beherrscht.
Anders als am 25. Juli 2008, als Alexander R. nach Ansicht von Oberstaatsanwalt Walther Schmidt die Kontrolle verlor. Vor dem Schlosshotel Mespelbrunn im Spessart soll der 37-Jährige seine große Liebe Carmen erstochen haben. Beide kannten sich von ihrer Arbeit im Hotel. Alexander R. soll die Mutter von drei Kindern mehrfach um eine Beziehung gebeten haben. Doch die verheiratete 32-Jährige wollte nach Schmidts Worten nichts von dem Angeklagten.
Vor Prozessbeginn wollte er sich mit einer Rasierklinge die Pulsadern aufschneiden
Am Tattag soll Alexander R. dann seinem Opfer auf dem Schlossparkplatz aufgelauert und Carmen S. aus Wut und Verärgerung über ihr Nein zu einer Beziehung getötet haben. Dreimal stach er zu. Die Frau verblutete.
Alexander R. machte sich aus dem Staub. Fast ein Jahr lang versteckte sich der mutmaßliche Mörder vor der Polizei, bis er in Frankreich geschnappt werden konnte. Es war ein Katz-und-Maus-Spiel, das sich Alexander R. mit den Ermittlern lieferte. Er tauchte sogar wieder in seiner Heimat auf. So soll er in das Haus von Verwandten eingestiegen sein und von diesen Geld und EC-Karten erpresst haben. Daher lautet die Anklage unter anderem auch auf schweren Raub, schwere räuberische Erpressung, erpresserischen Menschenraub und Geiselnahme.
Zu den Vorwürfen schweigt der Angeklagte. Im Gerichtssaal zeigt er auch keine Regung, als Carmens Witwer befragt wird. „Sie hat erzählt, dass er sie bedrängt“, berichtet der hagere 38-Jährige von den Versuchen des Angeklagten, die Frau für sich zu gewinnen. Auch Briefe soll der verschmähte Liebhaber der dreifachen Mutter geschrieben haben. „Ich empfand es wie eine Drohung“, erzählt der Elektroinstallateur, der 15 Jahre lang mit Carmen verheiratet war.
Der Prozess gegen den mutmaßlichen Spessart-Mörder hatte bereits am 26. April begonnen – ohne Alexander R., der wenige Stunden zuvor versucht hatte, sich mit einer Rasierklinge die Pulsadern aufzuschneiden.dpa/azn