Lokführer-Frau verklagt Eltern eines Selbstmörders

Der Suizid hat einen bizarren Rechtsstreit zur Folge. Die Eltern des Toten sprechen von übler Abzocke
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Die trauernden Eltern Klaus und Martha S. können nicht nachvollziehen, warum sie nun Schadensersatz zahlen sollen.
bayernpress.com Die trauernden Eltern Klaus und Martha S. können nicht nachvollziehen, warum sie nun Schadensersatz zahlen sollen.

Der Suizid hat einen bizarren Rechtsstreit zur Folge. Die Eltern des Toten sprechen von übler Abzocke

NÜRNBERG Als wären Schmerz und Trauer über den Verlust ihres Sohnes Stefan (20) nicht schon genug. Bei Klaus und Martha S. kommt jetzt auch noch ein wahrlich bizarrer Rechtsstreit dazu...

Vor zwei Jahren wurde Stefan auf der Bahnstrecke Nürnberg – Lauf mitten in der Nacht von einem Zug überrollt. Die Staatsanwaltschaft hält einen Selbstmord für am wahrscheinlichsten.

Der Lokführer, der den jungen Mann überfuhr, steckt hinter einer Klage, mit der Stefans Eltern zur Zahlung von nicht übersehbaren Kosten gezwungen werden sollen. Nachdem der Lokführer bei den Eltern bisher auf Granit biss, hat er die von ihm erhobenen Ansprüche an seine Ehefrau abgetreten. Und sie hat Klage eingereicht. Obwohl sie mit dem Drama auf den Gleisen nicht das Geringste zu tun hat.

Erst eineinviertel Jahre später machte er Ansprüche geltend

Die Schadensersatzansprüche an Stefans Eltern werden damit begründet, dass der mutmaßliche Selbstmord zu schweren psychischen Beeinträchtigungen des Lokführers geführt hätte. Für Klaus und Martha S. steht dagegen fest: „Das ist nichts anderes als Abzocke, was hier gemacht werden soll.“ Denn in der Todesnacht verhielt sich der Lokführer laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft erstaunlich cool – ganz im Gegensatz zum Belastungssyndrom, das er jetzt geltend macht. Bei seiner Fahrt in Richtung Lauf verspürte er kurz hinter dem Haltepunkt Rehdorf einen leichten, kaum wahrnehmbaren Schlag. Er dachte sich nichts weiter dabei und fuhr weiter. Am Endhaltepunkt warf er noch einen Blick auf die Lok, konnte aber nichts Auffallendes feststellen.

Bei der Rückfahrt sah er an der fraglichen Stelle nichts Genaues. Wieder in der Gegenrichtung unterwegs, glaubte er, dort ein Tier liegen zu sehen. Bei der nächsten Fahrt hielt er es für möglich, einen Menschen erkannt zu haben. Erst ein Kollege, dem er davon erzählte, hielt schließlich an – und entdeckte Stefan.

Eineinviertel Jahre später machte der Lokführer seine Ansprüche plötzlich gegenüber den Eltern des volljährigen Selbstmörders geltend. Seinen Zustand beschrieben seine Anwälte so: „Der Geschädigte hat seit dem Unfallereignis ununterbrochen Alpträume, schläft sehr unruhig, schreit im Schlaf, leidet unter starken Kopfschmerzen, wacht regelmäßig schweißgebadet auf...“ Ferner ist in dem Schreiben von gravierenden Verhaltensänderungen des Lokführers die Rede.

Diesen schlechten Zustand können Klaus und Martha S. nicht nachvollziehen. „Wieso“, fragen sie, „ist der Mann so schwer traumatisiert, wo er doch gar nichts mitbekommen hat?“

Helmut Reister

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