Links vom Zentrum wartet der Mann, der Gott spielte
NÜRNBERG - Stimmige Folk-Skizzen: Suzanne Vega mit einem Song-Querschnitt im Nürnberger Hirsch.
Es herrscht zur Zeit reichlich Gedränge auf Frankens Bühnen mit Figuren aus der Heldenkammer der Pop-Geschichte: Von Elton John (im Stadionformat) bis Beach-Boys-Mythos Brian Wilson und Eric-Clapton-Kumpel Steve Winwood (Serenadenhof) – alle lassen Vorruhestandspläne links liegen. Mittendrin tauchte nun Suzanne Vega auf. Die naturbelassene New Yorkerin, die auch schon Karriere-Hysterie und Comeback-Jubel hinter sich hat. Die feinsinnigen, nadelstichelnden Lebensskizzen zwischen Scheitern und Sehnsucht, konsequent aus ungewöhnlicher Perspektive erzählt, und der Kraft-Folk, der im aktuellen Trio-Rahmen aus Bass und Gitarre die Wurzel wunderbar freilegt, sind wärmender Stoff für einen traumhaften Sommerabend. Der findet im Saal statt: im dampfenden Dunkel des Nürnberger Hirsch.
Bei ihrem 50. Geburtstag am 11. Juli erfüllt sich für Suzanne Vega ein Traum: Da singt sie mit Leonard Cohen, jenem Songwriter, der bis in ihren Beziehungsalltag hineinwirkte. Selbstverständlich und stimmig macht auch die Beobachterin mit der Schmeichelstimme, die „Left of Center“ siedelt (souverän umfrisiert) und auch mal ein „Freude“ Lied über Tänze auf dem Grabstein macht, die Wehmutprobe aufs Exempel. Beginnt mit „Marlene on the Wall“ und schließt mit den verklemmten Sex-Phantasien in „Pornographer’s Dream“.
Wenige singen so behutsam und beiläufig über Selbstmord („In Liverpool“) und Kindsmisshandlung. „Luka“ heißt der Hit, den sie wie „Tom’s Diner“ als Korsettstangen der Zeitlosigkeit einbaut. Auch Nagelneues ist dabei: „The Man who played God“. Vega setzt ihre Invasion der klugen Gedanken fort. Leise aber bestimmt. Laut und bestimmt deshalb dann der Beifall. Andreas Radlmaier
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