Liebling Kreuzberg tänzelt
NÜRNBERG - Peter Fox, der Seeed- Solist, rettet im Löwensaal HipHop für Pop von Format.
HipHop is dead“ steht auf dem T-Shirt aus der Merchandise-Kollektion. Hinten drauf: „Mein Dad ist HipHop“. Die Schlussfolgerung, Familienvater Peter Fox (37) sei nichts als ein munter zuckender Zombie, verbietet sich. Schließlich ist der selbsternannte „Stadtaffe“ im Fuchspelz mit seinem Solo-Debut nicht angetreten, den überfressenen HipHop auf Trab zu bringen. Der Berliner Primaten-Primus klaut sich lieber was vom goldenen Tellerchen und kredenzt einer kunterbunten Mischung aus Erstsemestern, ihren Eltern und freigeistigen Rap-Liebhabern im Nürnberger Löwensaal Unerhörtes: großen deutschen Pop von internationalem Format.
Als Szene-Dissident ohne Kredibilitäts-Problem, der mit seiner Band Seeed zur Eröffnung der Fußball-WM ein TV-Milliarden-Publikum ebenso begeistert wie die orthodoxe deutsche HipHop-Szene im Club. Liebling Kreuzberg tänzelt leichtfüßig und stolperfrei auf allen Hochzeiten. Vor Background-Chor und New-Orleans-Brass-Trommlern. Vom Kottbusser Tor zum „Haus am See“ und wieder zurück.
Da verblasst der ins Vorprogramm gehievte Deutsch-Rap-Hoffnungsträger „Marsimoto“. Was sollte sich ein Peter Fox auch mit Emporkömmlingen in Sachen Doppel- und Dreifach-Geschwindigkeits-Reimen messen, wenn seine Großstadtlyrik in einfacher Geschwindigkeit bombastisches Kopfkino zu erzeugen vermag („Blau zu schwarz“, „Fieber“), wenn Titel wie „Ich Steine, Du Steine“ nicht nur der Streicher des Babelsberger Filmorchesters wegen zu Tränen rühren?
Im Kontext einer Jugendkultur mag HipHop tot sein, da er erwachsen geworden ist. Lange Gesichter gab’s bei Peter Fox’ „Trauerfeier“ im Löwensaal keine.
Steffen Windschall
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