Liebesleid im Macho-Stadl

Da show her! Trockener Witz trifft auf jazzige Evergreens – Jutta Czurda, Jean Renshaw und Thilo Wolf begeistern im Fürther Stadttheater mit der ironischen Swing-Revue „Liebe Me Gershwin“
Die Liebe, das hat uns eine amerikanische Schlagerphilosophin auf deutsch eingehämmert, „ist ein seltsames Spiel“. Und eine skandinavische Kollegin meint über diesbezüglichen Kummer, er „lohnt sich nicht, my Darling“. Die tanzende Sängerin Jutta Czurda und die musicalgestählte Choreographin Jean Renshaw sehen das in ihrem Fürther „Abend über die Liebe“ wohl auch so, nehmen aber lieber Show-Galan George Gershwin mit einem Dutzend seiner Wunder-Songs und Thilo Wolfs hinreißende Big Band als Kronzeugen. „Liebe me Gershwin“ umspült gutgelaunt die These „Liebe ist eine Frage der Chemie, Sex eine Frage der Physik“. Denn das bleibt am Ende der Vorstellung unbestritten: „Monogamie lässt zu wünschen übrig“.
Jutta Czurda kennt keine Angst vor der großen Pose, sie beherrscht den Luftraum mit besitzergreifenden Handbewegungen einer praktizierenden Diva. Die Gesangsstimme fährt selbstbewusst in die Ablagerung tausendfach berührter Evergreen-Interpretationen, ihre Moderation kuschelt sich zunehmend an die „Alles Quatsch“-Modulation der großen Marlene, und findet so die eigene Distanz zum halbseidenen Blendwerk, das sich so schön ums relative Gefühl drapieren lässt.
Lauter Kermits, aber keine Miss Piggy
Die Szene von Bettina Munzer zeigt ein Spalier von „Traumschiff“-Schwingtüren, die alsbald zu Swingtüren werden. Hinter ihnen nimmt die Show Anlauf, zieht und schiebt durch wachsame Bullaugen indiskrete Blicke. Auf dem Flach-Dach kommandiert Wolf seine Big Band, die nicht nur strahlkräftigen Gershwin-Basissound liefert, sondern mit Komödianten-Begabungen überrascht.
Da steigen Posaune, Saxophon und Trompete samt einem sächselnden Travestie-Phantom vom Klang-Himmel runter ins irdische Bühnen-Leben, wo sie ihre Anteile am Männerverschleiß der chronisch Liebeskranken liefern. So swingt der Macho-Stadl (Big Bands gehören zu den letzten Herren-Bastionen) mit Frosch-Masken und Rhythmik bis in die Kniekehlen durch den Schaumschlag. Lauter Kermits, aber keine Spur von Miß Piggy. Denn die Czurda weiß, wo Selbstironie am Glamour zerschellen muss und springt rechtzeitig zurück aufs imaginäre Podestchen der Diseuse.
Dort vollbringt sie das kleine Wunder, all die vielstrapazierten Songs frisch durchgepustet in ihrer eigenen, kurt-weilligen Broadway-Art umzusetzen. Sie bewegt sich scheinbar auf Standards zu, lockt sie von vermoosten Interpretations-Ruheplätzen in neue Abenteuer, immer angefeuert von Wolfs elastisch federnden Arrangements.
In Fürth ist die Lebe bestens aufgehoben
Als Theaterabend funktioniert das, weil die kitzelnde Hand der Regisseurin Jean Renshaw stets rechtzeitig spürbar wird. Nicht nur in tänzerischen Bewegungen, die kurz vor dem Einrasten in Show-Mechanik immer schräg gestellt werden, sondern auch im trockenem Witz der darübergeblendeten Texte, die „eine wohlige Anordnung von Melodien“ als hilfreiches Mittel für das Paarung-Gesetz der Evolution vorstellen und romantische Gefühle extradry konterkarieren: „Das Leben ist eine sexuell übertragbare Krankheit“. Aufs Wie kommt es halt an.
Der Höhepunkt dieser allmählich in schwebende Ironie abhebenden Aufführung ist erreicht, wenn die Bläser der BigBand mit ausgefahrenen Instrumenten um die Gunst der Lady balzen. Da gelingt Thilo Wolfs Truppe eine Verbrüderung von Hazy Osterwald und Mnozil Brass und Jutta Czurda ist in entblätterter Diva-Attitüde ganz bei sich. In Fürth ist die Liebe bestens aufgehoben – seltsam, aber kummerfrei. Da show her! Dieter Stoll
Weitere Vorstellungen am 11., 12., 14. und 15. Mai. Karten unter 0911/ 9742400.