Streit um Geburtstagsgrüße: Söllner kritisiert Söder

Ein Glückwunsch-Schreiben zu seinem 70. Geburtstag verstimmt den streitbaren Liedermacher – weil es von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) stammt. Dabei hat das Gratulieren eine lange Tradition. 
von  Natalie Kettinger, Kilian Pfeiffer
Hans Söllner im Frühjahr bei einem Auftritt. An Heiligabend wird der Musiker 70 Jahre alt.
Hans Söllner im Frühjahr bei einem Auftritt. An Heiligabend wird der Musiker 70 Jahre alt. © IMAGO/Daniel Scharinger

Ein Brief aus der Staatskanzlei zum runden Geburtstag, gezeichnet von Ministerpräsident Markus Söder (CSU): Für viele wäre das wie ein kleiner Schulterklopfer vom Freistaat. Für Hans Söllner ist es vor allem eins: der falsche Absender.

Glückwunschschreiben an Söllner: "Hallo Maggus, das hättest du dir sparen können"

Der Reichenhaller Liedermacher wird an Heiligabend 70 Jahre alt. Söder gratulierte ihm dazu schriftlich, standardisiert, wie solche Briefe eben sind. "Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem 70. Geburtstag!“, steht da. Und weiter: "In sieben Jahrzehnten haben Sie viel erlebt. Sie können stolz auf das Erreichte zurückblicken und sich hoffentlich noch auf viele weitere Jahre mit glücklichen Momenten und schönen Erlebnissen im Freistaat Bayern freuen, einem großartigen Land mit bester Lebensqualität.“

Söllner veröffentlichte den Brief auf Facebook und reagierte so, wie man es von ihm kennt: scharf, spöttisch, mit einer Generalabrechnung. Keine Dankesfloskel. Kein "freut mich". Sondern eine Breitseite – und das ab dem ersten Satz: "Hallo Maggus, genau so einen Schwachsinn und diese arrogante Selbstbeweihräucherung hab ich mir zu meinem 70. gewünscht." Dann die klare Ansage: "Das hättest du dir sparen können."

Das Glückwunsch-Schreiben, das Söllner bei Facebook veröffentlicht hat.
Das Glückwunsch-Schreiben, das Söllner bei Facebook veröffentlicht hat. © Hans Söllner / Facebook

Söllner an Söder: "Nachdenkliche Feiertage wünsche ich dir"

Söllner schreibt, er habe in 70 Jahren viel erlebt, "aber nicht ein einziges Mal war etwas Positives oder Ermunterndes dabei, was mit euch bayrischen Ministerpräsidenten zu tun hatte". Besonders Söder habe "in der schlimmsten Zeit seit Kriegsende gezeigt, was du von Selbstbestimmung und Demokratie und speziell von meines Gleichen hältst". Wohl eine Anspielung auf die Schutz-Maßnahmen während der Corona-Pandemie.

Und weil Söllner einen Schlussakkord will, zieht er den Weihnachtsgruß noch einmal in seine Richtung. "Also Maggus, lass dir zu Weihnachten deine Bratwurst schmeggn und lass dich feiern."

Er selbst, schreibt er, feiere "mein Leben und die vielen schönen Augenblicke", Söder gehöre "leider nicht dazu". Dann schreibt er noch: "Nachdenkliche Feiertage wünsche ich dir."

Warum der Musiker auch zwei Zeitungsartikel postet

Dass Söllner auf einen Brief aus der Staatskanzlei so reagiert, ist wenig überraschend. Der Liedermacher hat sich seit Jahrzehnten als Gegner von Obrigkeit und staatlicher Bevormundung inszeniert.

Passend dazu postete er im Zuge der Debatte zwei ältere Zeitungsausschnitte: Einer stammt aus dem Jahr 1998 und berichtet von einem Gerichtstermin in München wegen Marihuana-Besitzes. Ein weiterer Text aus dem Jahr 1999 behandelt eine Verurteilung wegen Beleidigung, verbunden mit einer Geldstrafe.

Zur Volljährigkeit und dann regelmäßig ab dem 70. Geburtstag gibt es Post von ihm: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
Zur Volljährigkeit und dann regelmäßig ab dem 70. Geburtstag gibt es Post von ihm: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). © Sebastian Gollnow / dpa

Die Reaktionen auf Söders Briefe seien insgesamt sehr positiv, heißt es aus der Staatskanzlei

2022 war bekannt geworden, dass der bayerische Ministerpräsident rund 635.000 Glückwunschbriefe pro Jahr verschickt (zumindest damals) – das wären mehr als 1700 am Tag. Ein Sprecher der Staatskanzlei sagte der AZ nun: "Die Tradition der Glückwunsch-Schreiben existiert seit dem Jahr 1950 und wurde damit bereits unter Ministerpräsident Dr. Hans Ehard eingeführt. Ebenso wird sie auch in vielen anderen Bundesländern gepflegt." Glückwünsche erhalten demnach Bürgerinnen und Bürger Bayerns zum 18. Geburtstag, ab dem 70. alle fünf Jahre, zum 100. – sowie zu jedem weiteren Wiegenfest.

Ein Sprecher: Zahlreiche Jubilare bedanken sich

Die Reaktionen auf die Briefe seien insgesamt sehr positiv, so der Sprecher. "Es gibt zahlreiche Zuschriften und Anrufe, in denen sich Jubilare bedanken und ihre Freude über die Gratulation zum Ausdruck bringen." Und: Wer nicht wolle, dass das Einwohnermeldeamt seine Daten zu diesem Zweck weitergebe, könne dem bei der zuständigen Kommune mit einer sogenannten "Übermittlungssperre" jederzeit widersprechen.

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