Schwalben fliegen aus Landshuter Rathaus

Kein Brutplatz: Ein neues Schwalbennest kann nicht im Foyer bleiben. Die Grünen fordern "ortsbezogene Ersatznistplätze".
von  Sigrid Zeindl
In der Landshuter Innenstadt gibt es rund 80 Schwalben-Brutpärchen.
In der Landshuter Innenstadt gibt es rund 80 Schwalben-Brutpärchen. © AZ-Archiv

Landshut - Ein besonderes Plätzchen zum Nisten hat sich ein Rauchschwalben-Pärchen ausgesucht: Es hat vergangene Woche damit begonnen, ein Nest im Rathausfoyer zu bauen.

Dass bislang (Stand Mittwochvormittag) kein Ersatz für das am Freitag entfernte Nest geschaffen wurde, kritisieren die Grünen scharf: Stadträtin Sigi Hagl sieht darin einen Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz.

Wie es in einem Dringlichkeitsantrag heißt, stehen Rauchschwalben und ihre Nester unter Naturschutz, sie dürften weder gestört noch ihre Quartiere zerstört werden.

Die Schwalben flogen durch die Tür ins Foyer

Die Türen zum Rathausfoyer standen bis Dienstag tagsüber offen, weil dieses für die Corona-Teststelle genutzt wurde. So gelangten die Schwalben bei ihrer Nistplatzsuche ins Foyer.

Dort konnte das Nest "aus Sicherheitsgründen" aber nicht bleiben, wie die Stadtverwaltung mitteilte. Dazu hätte laut einer Forderung des zuständigen Sachbearbeiters bei der Regierung entweder das Fenster oder die Tür zum Rathausfoyer offen gehalten werden müssen.

Die Grünen fordern Ersatznistmöglichkeiten

Die Grünen fordern in einem Dringlichkeitsantrag vom Montag, "gemäß Bundesnaturschutzgesetz drei ortsbezogene Ersatznistmöglichkeiten" am Rathaus anzubringen.

Die Ersatznester müssten laut den Vorgaben zeitgleich oder bereits vor dem Entfernen des Nestes geschaffen werden, zumindest aber zeitnah, so Sigi Hagl - das sei allerdings noch nicht passiert.

Wurde gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoßen?

Da es keine sogenannten Vermeidungsmaßnahmen (wie etwa das Kippen der Foyerfenster) gegeben habe und das Nest entfernt worden sei, ohne zeitnah drei Ersatznester anzubringen, liege ein Verstoß des Umweltamtsleiters gegen das Bundesnaturschutzgesetzes vor, so Hagl.

Laut Susanne Rieck, Gebäudebrüter-Expertin beim Landesbund für Vogelschutz, war in den vergangenen Tagen zu beobachten, dass die Schwalben immer wieder versuchten, zum Nisten in das Foyer zu fliegen.

Wegen der Corona-Teststation stehen die Türen des Rathaus-Foyers in den vergangenen Tagen offen; das nutzten die Schwalben, um sich einen Brutplatz zu suchen. Mittlerweile sind die Türen verschlossen.
Wegen der Corona-Teststation stehen die Türen des Rathaus-Foyers in den vergangenen Tagen offen; das nutzten die Schwalben, um sich einen Brutplatz zu suchen. Mittlerweile sind die Türen verschlossen. © Christine Vinçon

Darauf hat die Stadt am Dienstag reagiert: Für die Corona-Teststation wurde ein zusätzlicher Pavillon aufgebaut, sodass das Foyer nicht mehr für die Teststation benötigt wird, wie es von der Stadt heißt.

Die Türen und Fenster seien nun wieder geschlossen, sodass sich dort auch keine Schwalben mehr einnisten könnten.

Zu den geforderten Ersatznistplätzen teilt die Stadt mit, dass derzeit "Ersatzmöglichkeiten im Bereich des Rathauses" geprüft werden.

An welchem Standort und wann die Ersatznester geschaffen werden, konnte am Donnerstag nicht in Erfahrung gebracht werden: "Im Moment können wir noch keine konkrete Aussage dazu treffen, da sich die Angelegenheit in Prüfung befindet", hieß es.

Laut Susanne Rieck ist es entscheidend, dass die "Kunstnester" im Einflugbereich der Schwalben angebracht werden; auch zu diesem direkten Ortsbezug gebe es rechtliche Vorgaben.

Der Rathausbalkon könnte eine Alternative sein

Für die Ersatznistplätze biete sich die Rathausfassade, beispielsweise unter dem Rathausbalkon, an. "Meiner Erfahrung nach haben Ersatznester in unmittelbarer Nähe zum ursprünglichen Nest gute Chancen, auch angenommen zu werden", sagt sie.

Der Rathausinnenhof dagegen wäre kein adäquater Standort: "Die Schwalben fliegen nicht um die Ecke." Zudem nisteten dort bereits Schwalben, es könnte deshalb zu Revierkämpfen kommen.

"Es muss jetzt schnell gehen"

Angesichts der bereits fortgeschrittenen Brutsaison sagt Rieck: "Es muss jetzt schnell gehen." Dabei verweist die Expertin auch auf das Gebäudebrüter-Projekt in Landshut und appelliert an die Stadt, "eine Vorbildfunktion einzunehmen".

In der Innenstadt gibt es laut Rieck rund 80 Rauchschwalben-Brutpaare; diese hohe Zahl bezeichnete sie auch als eine Landshuter Besonderheit.

Behandelt wird der Dringlichkeitsantrag übrigens nicht; der Inhalt sei Geschäft der laufenden Verwaltung und bedürfe keiner Entscheidung durch den Stadtrat, teilt die Stadt mit.

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