Schäferhundeverein Landshut: Hund ohne Hütte

100 Jahre wird der Verein alt. Seit 2013 ist er von der Stadt als Sportverein anerkannt. Mittlerweile sind Hunde und Herrchen obdachlos. Doch es gibt Hoffnung.
Ingmar Schweder
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Zum Jaulen: Sollte sich der Stadtrat im Haushaltsplenum am Freitag gegen eine Bezuschussung des Schäferhundevereins aussprechen, könnte die Landshuter Ortsgruppe mittelfristig den Status als Körort verlieren: "Das wäre wohl so etwas wie das Ende", sagt die Zuchtwartin. Schäferhund Aurin müsste sich dann ebenfalls neue Spielkameraden suchen.
Zum Jaulen: Sollte sich der Stadtrat im Haushaltsplenum am Freitag gegen eine Bezuschussung des Schäferhundevereins aussprechen, könnte die Landshuter Ortsgruppe mittelfristig den Status als Körort verlieren: "Das wäre wohl so etwas wie das Ende", sagt die Zuchtwartin. Schäferhund Aurin müsste sich dann ebenfalls neue Spielkameraden suchen. © AZ Landshut

Landshut - Jubiläen sind der beste Zeitpunkt, ohne falschen Stolz auf das in der Vergangenheit Geleistete zurückzublicken. Die Ortsgruppe Landshut des Schäferhundevereins kann das ohne Frage. Vom größten Rassezuchtverband der Welt zertifiziert und empfohlen, genießt die Ortsgruppe Akzeptanz in der Welt des Hundesports. Die Landshuter sind seit ihrer Einführung Körort (Zuchtvoraussetzung) der Landesgruppe Bayern Süd mit jährlicher Zuchtlenkungsprüfung des Deutschen Schäferhundes. Bei ihnen trainieren Polizeihundestaffeln, sportliche Erfolge bei Wettkämpfen sind beim Verein kein Fremdwort.

Jubiläum ohne Unterschlupf

Wäre da zur anstehenden 100-Jahr-Feier nicht die missliche Lage mit dem fehlenden Dach über dem Kopf. Der Schäferhundeverein Landshut ist seit 2019 praktisch obdachlos. Bereits zweimal hatte sich der Landshuter Hundesportverein in seiner Geschichte ein eigenes Trainingsgelände mit Vereinsheim aufgebaut. Zweimal haben sie ihre Heimat mehr als unglücklich verloren, zuletzt sogar ihr Vereinsheim ohne adäquaten Wertersatz. Unterschlupf für den anstehenden Festakt mit Zuchtschau im Juli gewährt nun der TSV Auloh. Sofern es derzeit die Coronaregeln zulassen, trainieren die Mitglieder bei Wind und Wetter auf einer 6.000 Quadratmeter großen Wiese unweit des Naherholungsgebiets Gretlmühle, so auch am Mittwoch.

Leona Müller-Walbach und Viola Kadura-Wanzke hoffen auf das Haushaltsplenum am Freitag.
Leona Müller-Walbach und Viola Kadura-Wanzke hoffen auf das Haushaltsplenum am Freitag. © AZ Landshut

Seit 2019 ohne Dach über dem Kopf

Seit der Verein sein rund drei Kilometer entferntes Vereinsheim 2019 aufgegeben musste, ist heißer Kaffee aus der Thermoskanne zum Aufwärmen für so manchen Trainierenden jedoch zum No-Go geworden, können die Mitglieder in dringenden Fällen nicht einmal mehr ihr Vereinsheim ansteuern, sondern müssen eine Tankstelle aufsuchen. "Manchmal ist auch jemand da, der beim benachbarten TSV Auloh das WC aufsperren kann. Wenn wir Glück haben, kommt ein Mitglied mit dem Wohnmobil beim Training vorbei", sagt Zuchtwartin Leona Müller-Walbach zur komplizierten Situation ohne Dach über dem Kopf. Strom- und Wasseranschlüsse fehlen ebenfalls am Trainingsgelände, genauso wie ein Unterstand. Doch wie kann ein Verein eigentlich gleich zweimal ein Vereinsheim verlieren ?

Das alte Vereinsheim des Schäferhundevereins Landshut.
Das alte Vereinsheim des Schäferhundevereins Landshut. © AZ Landshut

Ein malerischer Platz an der Panzerwiese

Auf dem Gelände des ersten Vereinsheims steht heute die Sparkassen-Akademie. "Für den Bau musste der Verein umziehen und auch das angrenzende Trainingsgelände aufgeben", sagt Müller-Walbach. Das sei aber noch vor ihrer Zeit gewesen. Umgesiedelt wurde der Schäferhundeverein damals an den Rand der Panzerwiese in Schönbrunn in unmittelbarer Nachbarschaft zur heutigen Ochsenweide. Das Grundstück gehört der Heilig-Geist-Spitalstiftung und liegt malerisch am Fuße des ehemaligen Truppenübungsplatzes - perfekt für den naturverbundenen Verein. Ein Pachtvertrag wird unterschrieben, der Verein darf auf dem Gelände ein neues Vereinsheim bauen, das von den Mitgliedern und dem Vereinsvermögen finanziert wird. Vertraglich wird festgehalten, sollte der Pachtvertrag irgendwann enden, dass das Grundstück in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt wird. Dass diese Klausel für den Verein noch Tragweite besitzen sollte, ahnt damals wohl niemand.

Das Vereinsgelände wurde zum Naturschutzgebiet erklärt

Kaum ist der Bau des Vereinsheims fertig, droht tatsächlich Ungemach. Das Gebiet am Vereinsgelände wird zum Naturschutzgebiet erklärt. Was zunächst auch für die Vereinsmitglieder wie eine gute Sache klingt, hat jedoch weitreichende Folgen: Die Regierung von Niederbayern verfügt für das Vereinsgelände ein eingeschränktes Nutzungsrecht, um Tiere in den angrenzenden Gefilden nicht so stören. Das Vereinsheim darf nur zweimal die Woche in gewissen Zeitfenstern aufgesperrt werden. Jede weitere Nutzung muss gesondert beantragt werden. "Dabei war das Vereinsheim Heimat und gesamtes Kapital des Vereins zugleich", sagt Viola Kadura-Wanzke, kommissarische Kassen- und Wirtschaftswartin des Schäferhundevereins.

"Das Gelände ist praktisch unnutzbar geworden"

Doch dieses Kapital, das der Verein mit Arbeitsstunden auf rund 150.000 bis 200.000 Euro schätzt, liegt plötzlich ungewollt brach. "Das Gelände ist praktisch unnutzbar geworden", sagt Müller-Walbach. Um die Brüter im Naturschutzgebiet nicht zu stören, pachtet der Verein als Trainingsgelände das drei Kilometer entfernte Wiesenstück von der Stadt Landshut an der Gretlmühle, auf dem auch heute noch trainiert wird. "Hänger rauf, Hänger runter: Die Pendelei zwischen Vereinsheim und Trainingsplatz war zwar nicht optimal, hatte sich aber schnell bei den Mitgliedern eingespielt", sagt Müller-Walbach.

Schäferhund Aurin.
Schäferhund Aurin. © AZ Landshut

2018 wurde der Pachtvertrag zuletzt verhandelt

Mit der eingeschränkten Nutzung des Vereinsheims arrangiert man sich, so gut es ging, auch wenn das Ende bereits absehbar scheint. 2018 versucht der damalige Vorstand, den Pachtvertrag für das Vereinsgelände noch einmal um fünf Jahre zu verlängern. Angeboten wird jedoch nur ein Jahr. Die Stadt sieht wegen der komplizierten Nutzungsverhältnisse am Naturschutzgebiet nur die Möglichkeit, dort eine Umweltstation zu errichten, die ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Landkreis Landshut werden soll (AZ berichtete). Da dem Schäferhundeverein für den Rückbau des Vereinsheims auf einen Schlag die Mittel fehlen, einigt man sich mit der Verpächterin auf die Übernahme des Vereinsheims. Müller-Wahlbach: "Anders war das damals nicht zu machen, sonst hätte sich der Verein hemmungslos verschuldet."

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Ein Finanzzuschuss war nicht möglich

Von der alten Vorstandschaft wird damals überlegt, auf der Wiese an der Gretlmühle ein mittlerweile drittes, deutlich kleineres Vereinsheim zu bauen - und hoffte aufgrund der stattlichen Investition in das alte Grundstück auf finanzielle Unterstützung. "Doch vonseiten der Heilig-Geist-Spitalstiftung ist so etwas wie ein Finanzzuschuss aus Stiftungszwecken an Vereine gar nicht möglich", sagt Kassenwartin Viola Kadura-Wanzke. Immerhin, die Gespräche mit der Stadt Landshut zwecks einer finanziellen Unterstützung des Vereins verlaufen positiv. "Von der Stadt wurden Zahlen in den Raum gestellt, die das alte Vereinsheim zwar nicht ersetzt hätten, mit denen der Verein aber zumindest hätte wirtschaften können", sagt Kadura-Wanzke. "Doch dann kam Corona und die ganze Sache ist ins Stocken geraten."

Angespannte Haushaltslage in Landshut

"Wir wissen natürlich um die angespannte Haushaltslage der Stadt Landshut. Wir hoffen dennoch, dass uns die Stadt nicht vergisst und uns beim Aufbau - zumindest für das Nötigste auf dem Trainingsgelände wie Sanitäranlagen - hilft", sagt Müller-Walbach. Der Antrag des Vereins dazu wird am Freitag im Haushaltsplenum beraten und ist bereits in den Haushaltsberatungen im nichtöffentlichen Teil diskutiert worden. Wie ein Sitzungsteilnehmer unserer Zeitung sagt, seien sich sowohl die Verwaltung als auch die Stadträte der schwierigen Situation des Vereins bewusst: "Dass wir den Verein unterstützen wollen, da sind wir uns alle einig gewesen." Ein positives Signal konnte auf Nachfrage auch Kämmerer Klaus Peißinger auf Nachfrage geben: "Der Haushalt ist zwar noch nicht verabschiedet, der Haushaltsausschuss hat aber nach jetzigem Kenntnisstand grundsätzlich eine Unterstützung des Vereins befürwortet." Bleibt für den Schäferhundeverein am Freitag zu hoffen, dass sie ihre dritte Heimat nicht auf leeren Versprechen aufbauen müssen.

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