Prunksaal wird renoviert: Ausdünstungen der Besucher setzen ihm zu
So nah rückt den Figuren der Landshuter Hochzeit sonst nie jemand zu Leibe: Manfred Fronske kennt den gemalten Hochzeitszug im Rathausprunksaal bis in kleinste Facetten. Gerade war er gut drei Wochen lang damit beschäftigt, mit Farbe und Pinsel Schäden an den Wandgemälden auszubessern. Und das keineswegs zum ersten Mal: Seit etwa 40 Jahren ist er immer wieder dort am Werkeln. "Wenn sich regelmäßig 500 bis 800 Leute in dem Saal aufhalten und CO2 ausstoßen, bilden sich Mikroorganismen, die die Substanz der Fresken angreifen", erklärt der hochgewachsene, weißhaarige Restaurator. Immer wieder träten auch Wasserschäden auf oder abplatzende Farben durch tappende Besucherhände.
Zuletzt hatte Fronske vor rund 20 Jahren die Spuren von Verfall und Abnutzung im Rathausprunksaal beseitigt. Die inzwischen eingerichtete Klimaanlage leite zwar viel Feuchtigkeit ab, die sich früher schädigend ausgewirkt habe. Doch weiterhin setzen die Ausdünstungen der Besucher des Saales den Malereien zu. Und die nahezu plastischen Darstellungen und die satte Farbgebung an den Gewändern animieren so manchen Bewunderer – leider – eben auch zum Anfassen.
Die Ausdünstungen der Besucher setzen dem Saal zu
Zum Glück, sagt Fronske, hätten Georg Geiger, Alfred Reiner und Jürgen Zinkl, die Hausmeister des Rathauses, stets ein wachsames Auge auf auftretende Schäden in Landshuts guter Stube. "Man glaubt nicht, was die leisten!", lobt er die guten Geister des Rathauses. Ihnen falle auch sofort auf, wenn beispielsweise eine der Holzrosetten am Haupteingangsportal fehlt, die offenbar ein gern geklautes Souvenir sind.
Auch Manfred Fronske hegt große Bewunderung für die zwischen 1880 und 1882 von Ludwig von Löfftz, Rudolf von Seitz, August Spieß und Konrad Weigand im Stil des Historismus gemalten Figuren des Hochzeitszuges. Bei Veranstaltungen werde die Parade durch die heruntergedimmten Lichter der schweren Kronleuchter optimal beleuchtet, schwärmt er. Eine gute Ausleuchtung seines Arbeitsplatzes ist auch wichtig für den brillentragenden Restaurator, denn Tageslicht ist im Rathausprunksaal tabu. Die Verblendung in den Fenstern zur Altstadt dient nicht nur der Vermeidung von Sonnenlicht, das die Fresken ausbleichen lassen würde. Vor allem wird damit Schmutz und Lärm der Straße ferngehalten.
Versteckt hinter dem inneren Fensterflügel wird nicht nur die filigrane, neugotische Struktur des Fensterrahmens sichtbar, sondern auch die von außen erkennbare Bleiverglasung mit Landshuter Wappen und Motiven.
Aber selbst wenn Manfred Fronske im Rathausprunksaal an der Arbeit ist, bleiben die großen Fenster geschlossen. Der Restaurator braucht ein scharfes Auge für die oft winzigen Schadstellen, die er mit besonders fein gemahlenen Farbpigmenten ausbessert. An einigen schwierigen Stellen hält die Farbe nur schwer, denn dort wurden früher einmal Ausbesserungen mit Kunstharz vorgenommen.
Kein Tageslicht im Prunksaal des Rathauses
"Eigentlich wollte ich das jetzt schon nicht mehr machen", sagt der im Rentenalter stehende, hochgewachsene Künstler über die Arbeit am Hochzeitszug. Nachdem er damit fertig ist, will er erst einmal wieder in seinem Landshuter Atelier verschwinden, um selbst kreativ zu sein. Fronske hat in München Monumentale Malerei studiert und war als Volontär in der Bayerischen Staatsgemäldesammlung tätig. In seiner Jugend musste er sich zwischen einer Karriere als Restaurator oder Maler entscheiden. Er wählte die Restaurierung, weil er damit bereits sehr erfolgreich war. Heute ist er Mitglied im Landshuter Kunstkreis und im Landesverband der Berufsvertretung Bildender Künstler (BBK).
In Landshut hat er die gesamte Wandgestaltung des Bernlochner-Saals geschaffen. Zu seinen Aufträgen als Restaurator zählten auch die 14 Heiligenfiguren von Christian Jorhan in der Heiliggeistkirche. Der Brautzug im Rathausprunksaal wird immer wieder unterbrochen durch die hochaufragenden Kachelöfen. Manche Betrachter haben sich wohl schon gefragt, ob sich hinter den Öfen weitere Teilnehmer des Hochzeitstrosses verbergen. Doch Fronske schüttelt den Kopf: Die Öfen seien zeitgleich gesetzt worden, dahinter befänden sich mit Sicherheit keine Malereien. Ursprünglich habe bei dem Wandgemälde der Eindruck entstehen sollen, dass die Fresken Gobelins seien, erklärt Fronske die Fransenkante am unteren Ende des Bildverlaufs.
Lebendes Vorbild im Hochzeitszug
Ob die im Zug dargestellten Personen mit ihren ausdrucksvollen Gesichtern nach lebenden Modellen gemalt wurden, kann er nicht sagen. Manfred Fronske gefällt ganz besonders ein rotwangiges Edelfräulein, das dem Brautwagen vorangeht und so schüchtern zur Seite lächelt, "als würde sie fotografiert". Wer könnte das Vorbild für diese Figur gewesen sein? Namen der im Hochzeitszug dargestellten Personen sind auch Stadtarchivar Gerhard Tausche nicht bekannt.
In einer LZ-Ausgabe von 1918 ist jedoch eine "markante Type" erwähnt, die für den Hochzeitszug Modell stand: Jakob Schleich stand 40 Jahre lang im Dienst der Firma Fahrmbacher. Er starb mit 84 Jahren am 29. April 1918. August Spieß hat ihn 1882 am Ende des Hochzeitszuges als knorrigen Bauersmann verewigt.
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