"Mit Pinselsanierungen machen viele das schnelle Geld"
Landshut - Er hat keine Berührungsängste mit dem Denkmalschutz. Ganz im Gegenteil: Rudi Napholtz arbeitet mit der Behörde eng zusammen. Er möchte alten Häusern wieder Leben einhauchen, sie zum Strahlen bringen.
"Pinselsanierungen", wie Rudi Napholtz das schnell geldbringende Renovieren von Häusern nennt, widerstreben ihm dagegen zutiefst. Die Geschichte der jahrhundertealten Gemäuer sollte man respektieren, sagt er. Und wenn er von seinem neuesten Projekt spricht, glänzen seine Augen. "In der Schönbrunner Straße entsteht gerade ein wunderschönes Haus, obwohl es momentan noch eine Ruine ist und viele Risse hat." Genauso begeistert ist er, wenn er über "sein" Landshut spricht.
AZ: Herr Napholtz, was ist Ihre Lieblingsecke in der Stadt?
Rudi Napholtz: In Landshut entdecke ich immer wieder viele schöne Plätze, wo man zur Ruhe kommen kann. Das kann auch eine Parkbank sein, wo man über die Dächer von Landshut schauen kann. Ganz oben im Hofgarten, da ist so eine. Es war schon früher einer meiner Lieblingsplätze.
Wo trinken Sie am liebsten einen Kaffee?
Mir schmeckt der Kaffee am besten im Humidor-Haus in der Neustadt. Da ist es auch sehr schön zum Verweilen. Nette Leute kommen rein, und es entstehen immer wieder neue, anregende Gespräche. Aber die Altstadt ist und bleibt der schönste Ort in Landshut. Ich finde es zum Beispiel im Lavazza schön – oder im Neon und in den Eisdielen.
Wo würde man Sie sonst noch in der Stadt treffen?
Gerade am vergangenen Wochenende habe ich mit einigen Freunden eine Boazn-Tour gemacht. Wir besuchten Lokale, die wir noch nicht kannten. Dabei haben wir Sachen entdeckt, die einfach lustig und schön waren. Ich wusste gar nicht, dass es ein Lokal an der Inneren Münchener Straße gibt, das Syndikat heißt. Danach waren wir gegenüber vom Schwarzen Hahn in der Spuibar. Dort gibt es die beste Currywurst von Landshut.
Gibt es Sachen in der Stadt, die Sie nicht so sehr mögen?
Natürlich zählt nicht nur der Stadtkern zu Landshut, sondern auch die äußeren Stadtteile, wie zum Beispiel die Wolfgangsiedlung. Ich denke, insgesamt behandeln wir diese ein bisschen stiefmütterlich. Das müsste sich ändern. Andererseits kann man wiederum sehen, dass sich auch etwas weiter weg vom Stadtkern, wenn man durch die Seligenthaler Straße und das Nikolaviertel geht, vieles verändert hat. Die Baubranche boomt derzeit. Und das sieht man auch bei uns in Landshut.
Jetzt versuchen viele, mit Immobilien das große Geld zu machen. Leidet nicht die Qualität darunter?
Immobilien sind immer noch eine relativ sichere Investition. Da der Immobilienmarkt in den umgebenden Großstädten wie München und Regensburg leergefegt wurde, schielen jetzt viele Investoren in Richtung Landshut und hoffen, dass sie hier das große Geld machen können. Die Häuser werden schnell aufgehübscht und teuer verkauft. Das ist natürlich schlecht, aber dem Wandel der Zeit geschuldet, den wir nicht aufhalten werden können.
Wird alles noch teurer, oder ist das Limit schon erreicht?
Ich möchte im Kaffeesatz lesen können, um diese Frage zu beantworten (lacht). Meine Prognose ist aber, dass die Preise wohl noch weiter nach oben gehen werden.
Welche Fehler wurden gemacht?
Wir haben es leider verschlafen, den sozialen Wohnungsbau beizeiten voranzutreiben. Man kann leider nicht die letzten 15 Jahre in zwei Jahren aufholen. Die jetzige demografische Entwicklung macht uns ordentlich Druck. Für alle ist diese Entwicklung nicht gut, aber am meisten betroffen ist die Mittelschicht. Jetzt sind die Leute gezwungen, für ein Eigenheim oder eine Mietwohnung noch tiefer in die Tasche zu greifen.
Sind alte Häuser als Investition noch attraktiv?
Das ist pauschal so nicht zu beantworten. Das muss man von Fall zu Fall prüfen. Es fällt aber auf, dass in der Altstadt und Neustadt überall Gerüste und Kräne stehen. Da sieht man: Die Sanierungen laufen gut. Allerdings ist es eher so, dass die unsanierten Objekte, die früher für den halben Preis angeboten worden sind, jetzt das Doppelte oder gar das Dreifache kosten. Früher war ich der Meinung, ich muss jedes Objekt, das mir angeboten wurde, kaufen. Aber jetzt denke ich: Nein, muss ich nicht, weil in fünf bis zehn Jahren wird es wieder günstigere Häuser geben.
Wie kam es, dass Sie sich mit der Sanierung alter Häuser beschäftigt haben?
Ich bin ursprünglich gelernter Autosattler und Raumausstatter. In dieser Branche habe ich einige Jahre gearbeitet. Aber ich war jung und wollte auch noch andere Berufe kennenlernen. Dann traf ich den Chef einer Immobilienfirma, der hauptsächlich alte Häuser in Berlin und München gekauft, saniert und weiterverkauft hat. Dort hatte ich auch zum ersten Mal Kontakt mit dem Landesamt für Denkmalpflege – und alles by doing gelernt.
Was mussten Sie da ganau machen?
Die erste Aufgabe, die mein Chef mir aufgetragen hatte, war, ein Parkett in einem alten Gebäude am Regierungsplatz zu schleifen.
Wie empfanden Sie diese neue Arbeit?
Das hatte mit der diffizilen Sattlerarbeit nichts zu tun, wo jeder Stich ins Leder sitzen muss. Bei meinem neuen Job war viel Muskelkraft gefragt. Ich musste vom Parkett erst eine Betonschicht herunterklopfen. Nach zwei Tagen war ich ziemlich erschöpft und bat meinen Chef um eine Auszeit. Aber am nächsten Tag habe ich überlegt: Nee, das kann ich ihm nicht antun, jetzt muss ich mich da durchbeißen. So bin ich dann drangeblieben.
Wie haben Sie den Sprung in die Selbstständigkeit geschafft?
Mein Chef hat erkannt, dass ich sehr gut organisieren kann. So habe ich immer mehr Baustellen von ihm bekommen, die ich leiten durfte. Je mehr ich lernte, desto mehr brannte ich, mich selbstständig zu machen. Ich wusste, wenn ich einen Fliesenleger beschäftigen möchte, dann muss ich selber perfekt Fliesen legen können. So habe ich mir mit der Zeit alle handwerklichen Arbeiten selbst angeeignet.
An welches Haus erinnern Sie sich gerne, das Sie saniert haben?
Das alte Torwärterhäuschen in der Schlossgasse war mein erstes eigenes Objekt, an dem ich drei Jahre lang gearbeitet habe. Dr. Mathias Ueblacker und Peter Adler vom Denkmalschutz haben mir dabei sehr geholfen. Die gelungene Sanierung wurde sogar für den Bayerischen Renovierungsorden vorgeschlagen. Leider habe ich gegen die Nibelungenhalle in Passau verloren, was ich dann aber doch ganz gut verschmerzen konnte. Durch diese Arbeit habe ich bewusst wahrgenommen, was ich schon in meinem Elternhaus gelernt hatte: das Alte zu schätzen und zu bewahren.
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