Früher Luxus, heute Wohn-Klo
Landshut - Peter W.* war kein Kind von Traurigkeit. Knapp 7 000 Euro verdiente er netto im Monat in der Firma seiner Eltern. Heute lebt der 46-Jährige in Landshut, von 418 Euro Arbeitslosengeld.
Drogen, Alkohol, gesundheitliche Probleme: "Ich sehe mich nicht so abgestürzt, wie manch andere", sagt er im Gespräch mit der AZ.
Die neuen Air-Max-Schuhe von Nike, die Peter W.* trägt, stechen einem sofort ins Auge. Ein Luxusbedürfnis, das ihm von früher geblieben sei, erzählt er. Früher, das war die Zeit, bevor der 46-Jährige in die Armut abrutschte.
Aufgewachsen ist er in Würzburg, dort geht er zur Schule, macht eine Ausbildung zum Steinmetz und steigt mit 20 Jahren in die Firma der Eltern ein. Knapp 7 000 Euro netto verdient er zu dieser Zeit. Doch nur so lange, bis das Familienunternehmen pleite geht. "Ich hatte keine Autos mehr, keine Rolex, keine Designer-Möbel - alles, was mir früher wichtig war", erzählt er. Die Eltern ziehen nach Dachau bei München, er begleitet sie, rutscht in die Depression und ins Drogenmilieu ab.
In Dachau arbeitet er auf Baustellen, wo er einen Landshuter kennenlernt, der den inzwischen 40-Jährigen mit nach Landshut nimmt. Dort besorgt er ihm ein Zimmer in einer Pension und setzt ihn auf verschiedenen Baustellen ein. Das geht gut für drei Jahre, bis Peter W. mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hat. "Ich konnte nicht mehr", sagt er. Seine Bandscheiben machen nicht mehr mit.
Hinzu kommt sein Alkoholproblem. Er ist Quartalstrinker und wird obdachlos. Inzwischen hat er eine Unterkunft gefunden, die ihm die Agentur für Arbeit finanziert. Zehn Quadratmeter, 370 Euro im Monat. Ein "Wohn-Klo mit Kochnische", nennt er es selbst.
Wenzel Janda von der privaten Obdachlosenhilfe, der Berberhilfe, sieht in den Begrifflichkeiten "Obdachlos" und "Wohnungslos" keinen großen Unterschied. Denn das Zimmer, das Peter W. hat, eignet sich zwar zum Schlafen, aber nicht zum Wohnen.
Geld wird sinnlos verschleudert. Gegessen dafür umsonst
Mit Bekannten trifft er sich zum Beispiel am Maxwehr, das sie wegen der vielen Schwäne "Schwanensee" nennen. "Manche Leute schauen recht", sagt der 46-Jährige. "Aber wo sollen die Leute auch hin?", wirft Janda von der Berberhilfe ein.
Peter W. hat sich damit abgefunden, dass er arm ist, sagt er. Sein Bruder habe viele Wohnungen und Häuser. Er selbst wünscht sich nach einem Lottogewinn in erster Linie eine bessere Gesundheit. "Auch wenn Geld wichtig ist", ergänzt er.
W. trägt ein rotes Marken-Cap, seine Hände sehen gepflegt aus, er spricht gewähltes Hochdeutsch, nur an seinen lückenhaften Zähnen sieht man seine Mittellosigkeit.
"Man erkennt die Leute heute auch nicht mehr", sagt der Vorsitzende der Berberhilfe. Die Obdachlosen bekommen von sozialen Organisationen die Haare geschnitten, erhalten Kleidung und können duschen. "Die Menschenwürde soll schließlich erhalten bleiben", so Janda.
"Die meisten, die ich kenne, sind arm, aber von Grund auf ehrlich"
26 Mitglieder engagieren sich derzeit ehrenamtlich. Der 64-jährige Vorsitzende arbeitete früher bei BMW, jetzt in der Rente setzt er sich für die Außenseiter ein. "Die meisten, die ich kenne, sind arm, aber von Grund auf ehrlich", sagt er.
Peter W. ist froh über die Berberhilfe, denn dort könne er gut Kontakte pflegen. "Das ist super." Was dem 46-Jährigen außerdem aufgefallen ist: "Für die Flüchtlinge wird viel gemacht, für die Obdachlosen wenig."
In seiner Freizeit hört er gerne Musik: "Ich höre alles. Am liebsten alten Hip-Hop oder Techno", erzählt er. "Früher habe ich aufgelegt." Auch schicke Autos sind immer noch seine Leidenschaft, nachdem er in seinem "früheren Leben" die verschiedensten Oldtimer gefahren hatte.
Wieder arbeiten zu gehen, müsse sich für ihn finanziell lohnen, meint er. Außerdem möchte er etwas Kreatives machen. Büroarbeit sei nichts für ihn. Peter W. überlegt: Steinmetz, Kirchenrestaurieren, etwas mit Auszubildenden - "das könnte ich mir noch eher vorstellen".
*Name von Redaktion geändert