Das Kalb, das frei sein wollte
Eine junge Kuh büxt im Oktober aus und hält seitdem den Landkreis auf Trab. Wie es ihr wohl in Freiheit ergeht und warum sie so schwer zu fangen ist
Oberhaarbach - Es war einmal ein Kalb, das war nicht wie alle anderen. Es hatte einen starken Drang nach Freiheit. Eines Tages ergriff sie die Gelegenheit beim Schopf und büxte aus.
Im Oktober sollte das Kalb, das von einem Viehbetrieb aus Ostdeutschland stammt, für zwei Tage auf dem Bauernhof der Familie Wiedenbeck in Oberhaarbach (Landkreis Landshut) zusammen mit 30 weiteren Kälbern zwischengelagert werden, bis es in die Mast kommt. Damals war das Kalb ein halbes Jahr alt. "Ich hab' noch geschimpft, wenn eins auskommt, dann ist aber was los", erzählt Hofbesitzerin Tanja Wiedenbeck lachend.
Und so kam es dann auch: Beim Verladen für den Weitertransport am 12. Oktober gelang dem Kalb die Flucht. Es sprang über die rund 1,50 Meter hohen Strohbündel und den Holzzaun dahinter. "Damit hab ich nicht gerechnet, dass es da drüber kommt", sagt Bauer Josef Wiedenbeck, der 300 Bullen und 50 Milchkühe auf seinem Hof hält. Sofort lief das Kalb in Richtung des nahegelegenen Waldes und war weg.
Das muskulöse Tier ist schwer zu fangen
Dass so etwas passieren konnte, wundert Hermann Vogelgsang, Leiter der Polizeiinspektion Vilsbiburg, nicht: "Das ist ein muskulöses Tier. Eine junge Kuh kann gut springen." Eine erste Suche mit einem Polizeihubschrauber mit Wärmebildkamera aus München und einer Drohne blieb erfolglos. Das Problem: Der Wald ist zu dicht, um das Tier zu finden. Außerdem sorge der Urinstinkt dafür, dass es in Deckung bleibt. "Kühe sind sehr schlau", so Vogelgsang.
Seitdem treibt sich die junge Kuh auf den Wiesen und in den Wäldern um Oberhaarbach in einem Radius von geschätzt drei bis vier Kilometern herum. "Sie genießt ihre Freiheit", mutmaßt Vogelgsang. Fressen sei ja genug da: Gras, Eicheln, Bucheckern." Frieren müsse sie auch nicht, im Winter wachse Kühen ein langes Fell. Bestimmt habe sie auch einen Unterschlupf gefunden, vermutet der Polizist.
Das Kalb hat sich schnell an die Natur gewöhnt
Mittlerweile ist die rund 400 Kilo schwere Kuh verwildert - ein natürlicher Prozess, der bei Tieren relativ schnell gehe. Das scheue Tier greife Menschen nicht an, sondern läuft vor ihnen weg. Wenn es sich aber in die Enge getrieben fühlt, kann es aggressiv werden.
Ob es für die junge Kuh ein Happy End gibt, bleibt abzuwarten. Die Polizei Vilsbiburg wartet auf Rückmeldungen. Wird das Tier lokalisiert, rückt ein Tierarzt mit einem Betäubungsgewehr an. Was schwierig wird, da man dem Tier sehr nahe kommen muss. "Ziel ist es, die Kuh lebend einzufangen und nicht, sie abzuschießen. Das wäre der letzte Schritt", sagt Vogelgsang. Er sehe aber dringenden Handlungsbedarf. Denn bei Oberhaarbach verläuft die LA 13, eine Kreisstraße mit großem Verkehrsaufkommen. Die Gefahr sei einfach zu groß, dass dort ein Unfall passiert, bei dem Menschenleben auf dem Spiel stehen.
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