Ana Klicek: Landshuts gute Seele

Ana Klicek engagiert sich im hohen Alter noch ehrenamtlich.
Kerstin Petri
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Ana Klicek pflegt ehrenamtlich Grünflächen auf dem Friedhof.
Petri Ana Klicek pflegt ehrenamtlich Grünflächen auf dem Friedhof.

Landshut - Der Gang zum Friedhof fällt meist schwer, denn der Anlass ist in der Regel, einen geliebten Menschen zu betrauern. So ging es auch Eva Artner (64) aus Landshut, wenn sie das Grab ihrer Mutter auf dem Nordfriedhof besuchte. Doch dort ist sie auch einer Frau begegnet, die ihr in kurzer Zeit sehr ans Herz gewachsen ist.

Als Artner vor einem Monat das Grab ihrer Mutter neu bepflanzen wollte, ist ihr eine Besucherin beim Garteln aufgefallen. "Ich kenne mich selbst nicht so gut aus mit Blumen, also habe ich sie angesprochen", erzählt Artner. Ana Klicek, die gerade erst 77 geworden ist, sagte ihr Hilfe zu. Einen ganzen Tag lang haben sie zusammen das Grab verschönert.

Regelmäßige Treffen am Friedhof

Seitdem treffen sie sich regelmäßig am Friedhof, pflanzen und tauschen sich aus, nicht nur über Blumen, sondern auch über ihr Leben. Bald stellten sie fest, dass sie das gleiche Schicksal haben. Artners 90-jährige Mutter ist vergangenes Jahr an Corona gestorben. "Ich fühle ich schuldig, sie angesteckt zu haben", sagt sie. Ana Klicek hat ihre Mutter bei ihrer Geburt verloren. "Das verbindet uns", sagt Artner. Klicek habe erkannt, dass Artner jemanden braucht, der ihr beim Trauern beiseitesteht.

Die Gespräche haben Artner viel Kraft gegeben. "Das war die beste Therapie", sagt sie. Und für Klicek ist ihre Tätigkeit am Friedhof wie eine Art Therapie. Fast jeden Tag radelt sie von der Wolfgangsiedlung dorthin. Neben den sechs Gräbern, die sie pflegt - darunter auch das ihres Mannes -, bepflanzt sie auch andere Baumgräber.

Dafür nimmt sie Blumen und Pflanzen, die andere weggeworfen haben, oder sie bringt von Zuhause welche mit. Mit einem Spaten gräbt sie die Erde um, ausgetrocknete Pflanzen ersetzt sie durch neue, auch Laub kehrt sie weg. "Leicht ist die Arbeit nicht", sagt die 77-Jährige. Es wächst viel Unkraut, der Boden ist hart, gleichzeitig muss sie aufpassen, die Baumwurzeln nicht zu beschädigen. Das alles macht sie unentgeltlich. Ihre Motivation dahinter? 40 Jahre lang hatte sie einen Schrebergarten. Das Gärtnern liegt ihr im Blut. Am Friedhof kann sie sich austoben. "Die Friedhofleitung freut sich, dass es schön und gepflegt aussieht", sagt Artner.

Dem nicht genug, engagiert sich Klicek auch noch ehrenamtlich bei der Tafel und bei der Wolfgangkirche. Sie strickt Mützen, Socken und Schals, die dann an Bedürftige gespendet werden. Vor der Pandemie war sie auch als Betreuerin bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und im Krankenhaus tätig. Wegen Corona geht das nicht mehr. Auch für ihre Familie - sie hat eine Tochter, vier Enkel und einen Urenkel - ist sie immer da.

Über den Verlust ihres Mannes ist sie nie hinweg gekommen

Aktiv zu sein, ist wichtig für Ana Klicek, "sonst gehe ich zugrunde", sagt die Witwe. 2018 ist ihr Ehemann, mit dem sie 56 Jahre verheiratet war, plötzlich an einem Herzinfarkt gestorben. Beide haben zeit ihres Lebens bei verschiedenen Firmen und Geschäften gearbeitet. "Er hat zu mir gehalten, ich habe zu ihm gehalten, sonst hätten wir es nicht geschafft." Über den Verlust ihres Mannes ist sie nicht hinweg gekommen, sagt sie. "Deswegen bin ich so unruhig und suche ich mir immer etwas, was ich machen kann." Das lenke sie ab.

Am Mittwoch überraschte Eva Artner ihre Bekannte am Nordfriedhof, um Danke zu sagen. "Das ist so schön, dass wir uns hier getroffen haben", sagt Artner unter Tränen und überreicht Klicek einen Blumenstrauß. "Der Himmel hat dich zu mir geschickt und darüber bin ich sehr glücklich. Du bist so eine gute Seele und ein besonderer Mensch. Du hast hier alles so schön gemacht." Sie mache das gerne, erwidert Klicek. "Es zwingt mich ja niemand." Und so will sie weitermachen, so lange es geht.

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