Längstes Fahrzeug sucht längste Garage

Der 20 Meter lange Touristen-Bus kann nicht rückwärts fahren und lässt sich nicht rangieren – jetzt steht er unter freiem Himmel
von  Abendzeitung
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Illustration © Berny Meyer

Der 20 Meter lange Touristen-Bus kann nicht rückwärts fahren und lässt sich nicht rangieren – jetzt steht er unter freiem Himmel

NÜRNBERG Tagsüber rollt die rot-weiße Bimmelbahn durch die Altstadt und zeigt Touristen die schönsten Denkmäler. Aber wo steht der fast 20 Meter lange Nürnberger Trichter nachts?

Bis vor kurzem parkte der dreiteilige Touristen-Transporter auf dem ehemaligen Tuchergelände in der Schillerstraße. Doch das wurde nun verkauft. Ein neuer XXL-Parkplatz im Stadtgebiet musste her – Mindestlänge 20 Meter.

„Die Suche war furchtbar. Wir sind stundenlang durch ganz Nürnberg gefahren, haben Immobilenmakler beauftragt, Zettel verteilt und telefoniert“, stöhnt Andrea Ullrich, die seit 17 Jahren mit ihrer Schwester Barbara die Bahn durch die Stadt lenkt. „Das war der schlimmste Winter meines Lebens.“ Besonders problematisch bei der Stellplatz-Suche: Der superlange Touristen-Bus lässt sich weder rangieren, noch rückwärts fahren. „Man braucht einen Platz mit enorm großem Wendekreis oder eine Ein- und Ausfahrt.“

Außerdem musste der Super-Stellplatz nahe dem Hauptmarkt liegen, wo die Bahn jeden Tag die Touristen einsammelt. Da die Maschine auf 25 Stundenkilometer gedrosselt ist, kann man pro Kilometer locker ein paar Minuten Fahrtzeit einplanen!

Eine Hauptmarkt-Neugestaltung könnte den Zug aus der Bahn werfen

Erst nach zweieinhalb Monaten fanden die Schwestern eine neue Bleibe für den Mega-Bus – per Zufall. Künftig pendelt die Bahn nun zum Nürnberger Autohof. Im Moment nächtigt er dort zwar unter freiem Himmel, im Herbst könnte ein Mega-CarPort folgen. „Wir sind erstmal zufrieden“, so Ullrich.

Dafür sieht sie neue Probleme: Die geplante Hauptmarkt-Neugestaltung könnte ihren Zug bald aus der Bahn werfen und vom Schönen Brunnen verdrängen. „Das wäre fatal für unser Geschäft. Wir standen mal am Obstmarkt. Da hatten wir 100 Prozent Einbrüche“, seufzt Ullrich. Auch von der Alternative Rathausplatz hält sie wenig: „Die paar Meter weiter weg machen enorm viel aus.“

Erst kürzlich haben die Ullrichs eine neue Zugmaschine angeschafft. Nach 15 Jahren hatte der alte, filterlose „Stinker“ ausgedient. „Der Abgas-Gestank war furchtbar. Oft hatten wir sogar das Gefühl, uns den Dreck aus dem Gesicht kratzen zu müssen.“

Seit zwei Wochen kutschiert jetzt eine 170PS starke Zugmaschine Gäste über Weißen Turm und Kaiserburg zum Schönem Brunnen. „Noch kommen die Touristen zum Glück in Scharen“, freut sich Ullrich. Hoffentlich bleibt das so, wünscht sie sich. scs

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