Ladendiebstahl: Kinder in Handschellen

NÜRNBERG Handelt es sich um eine „grenzwertige“ Vorgehensweise? Oder um eine „unglaubliche und unverhältnismäßige Schikane“? Am Montag wurden Kathrin P.* und Elke L.*, zwei 14-jährige Mädchen, beim Klauen in der Filiale eines Modegeschäfts in der Nürnberger Innenstadt erwischt. Wert der Waren: 100 Euro. Der Ladendetektiv rief die Polizei. Soweit, so alltäglich. Was sich dann abspielte, ist allerdings nicht unter „alltäglich“ zu verbuchen. Darin sind sich Polizei, die Mädchen und Kathrins Mutter Carmen P.* einig.
Durch die Behandlung der Beamten, vor allem der beteiligten Beamtin, fühlte sich Kathrin P.* „gedemütigt“ und „behandelt wie eine Schwerverbrecherin“. Nachdem ihr der Ladendetektiv entgegenschleuderte: „Du siehst aus wie eine Prostituierte“, habe die Polizistin noch eins drauf gesetzt: „Wenn ich dich anschau’, muss ich kotzen.“ Polizeisprecher Peter Schnellinger wiegelt ab: „Wenn das Wort ,kotzen’ fiel, dann höchstens in Bezug auf ihr Verhalten.“ Kathrin sei „sehr aufgebracht“ gewesen. „Total eingeschüchtert war sie“, widerspricht ihre Mutter. Ihr aufgelöster Zustand war jedenfalls Grund genug, das Mädchen zu fesseln und zur Hauptgeschäftszeit mit Handschellen durch den Klamottenladen nach draußen zu bringen. Die Beamten hätten Wert darauf gelegt, „möglichst unauffällig vorzugehen“. Dennoch, räumt Schnellinger ein, sei das Vorgehen nicht unbedingt üblich, wenn Kinder das erste Mal beim Klauen erwischt werden – „grenzwertig“ eben.
Kathrins Mutter indes ist überzeugt, dass es den Beamten nur darum ging, „ein Exempel zu statuieren, die Kinder öffentlich bloßzustellen“. Im wahrsten Sinne des Wortes „bloßgestellt“ wurde Kathrin übrigens später auf der Wache, als sie sich vor der Beamtin bis auf den Slip ausziehen musste. „Strafe muss sein“, findet Mutter Carmen. „Aber doch nicht so, das war eine unglaubliche und unverhältnismäßige Schikane!“ Sie will nun den offiziellen Weg beschreiten – und Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen.
*Name geändert