Kunst-Spielplatz im Kopf
Nürnberg - Das Spannungsfeld zwischen Natur und Kultur loten 20 Künstler aus aller Welt in einem zweiwöchigen Symposium am Schmausenbuck aus
Eigentlich sind die 20 Künstler, die zwei Wochen im Nürnberger Wald leben und arbeiten, krank: 37 Grad steht auf ihren grünen T-Shirts. „Das haben wir da drauf gedruckt, weil wir dachten, dass dies die nötige Überlebenstemperatur des menschlichen Körpers ist“, erklärt Organisator Thomas May vom Künstlerverbund „der Kreis“. Blöd nur, dass nach der Bedruckung klar wurde: Die gesuchte Temperatur beträgt nur 36,5 Grad Celsius. Die Künstler haben also permanent Fieber.
Macht aber nix, trägt dieser kleine Fehler doch zum sympathischen Gesamtkunstwerk bei, das dieses vierzehntägige, internationale Natur- und Kunst-Symposium tatsächlich ist. Man stelle sich vor: Ein Künstlerverbund verfrachtet 20 Kreative für zwei Wochen in den Wald (genauer: in einen Wald-Kindergarten), in dem die Waschbecken ungefähr auf Kniehöhe hängen. Kunst-Profis, die auf Matratzenlagern schlafen und an den Wänden die bunten Kinder-Bilder angucken. Übrigens: Der Wald-Kindergarten hinterm Tiergarten heißt Waldwichtelhaus. Da ist nicht nur im Garten ein Spielplatz. Auch in den Köpfen der Zwanzig, die teils aus Japan, Korea, Indien und Italien kommen, sind Spieltrieb und ernsthafte Auseinandersetzung mit der Natur und der eigenen künstlerischen Herangehensweise miteinander verbunden.
Was die Spannung der entspannten Waldwichtelhausbewohner hoch hält: Arbeiten werden sie hauptsächlich mit den Materialien, die sie in der Natur finden müssen. So wie der Koreaner Ri Euung-Woo, der mit Budzlküh (vulgo Tannen-, oder Kiefernzapfen) seine Werke ausgestaltet. „Was am Ende herauskommt, wissen wir nicht“, sagt May. Fest steht nur: Nach den vierzehn Tagen Symposium soll eine Ausstellung stehen. Im Wald, natürlich. „Damit die Menschen die Kunst dort auch finden, haben wir zwei Kunsthistoriker, die Führungen anbieten. Außerdem werden wir im Internet GPS-Daten zu den Werken veröffentlichen“, erklärt May die Kunst-Schnitzeljagd.
Zu einem Ferienlager, wo man Derartiges eher vermuten würde, sieht der Organisator allerdings keine Parallelen. Einerseits aufgrund des Zieles „Ausstellung“, und andererseits wird die Arbeit im Wald und an der Kunst auch im Internet dokumentiert. Unter kreisimwald.de gibt es ständig aktualisierte Fotos und Beiträge. Wer schon vorher auf die Künstler und ihr Schaffen treffen will, kann sie jederzeit noch bis zum 20. August im Wald hinter dem Tiergarten besuchen. Aber Obacht, sagt Thomas May: „Manche der Teilnehmer lauern richtig auf Leute, die vorbei kommen, um mit ihnen in Interaktion zu treten und diese dann in ihre Kunst einzubringen.“ Da wird der arglose Nordic Walker Teil der Waldwichtelkunst. Nur ohne Fieber. Martin Mai
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