Kult-Marke Trix vor dem Aus? 60 Mitarbeiter bangen um Jobs
Märklin-Tochter vor Schließung: „Keine Kernaktivitäten sind betroffen“, sagt der Insolvenzverwalter, die Belegschaft ist stocksauer.
NÜRNBERG „Die Nürnberger sind gute Tüftler, Marketing-Experten sind sie nicht“, sagt Bernd Sickinger und legt die Schublehre aus der Hand.
Er selbst tüftelt seit 26 Jahren für die Modellbauer Trix. Die Konstruktion der Mini-Loks ist für den 43-Jährigen Beruf, Hobby und „Leidenschaft“. Umso emotionaler wird der Betriebsratsvorsitzende, wenn eine verfehlte Geschäftspolitik seine geliebten Modelleisenbahnen an die Wand fährt: Der Göppinger Mutterkonzern Märklin ist insolvent – am 2. März teilte Insolvenzverwalter Michael Pluta Sickinger mit, dass „die Fortführung des Standorts Nürnberg in Frage gestellt ist“.
Eine sachliche Formulierung für das bürokratische Abwickeln von 60 Schicksalen. So viele Mitarbeiter sind in der Witschelstraße in Nbg-Sündersbühl für Märklin tätig. 41 für Trix, 19 für die Märklin-Tochter LGB. Darunter Formenbauer, Konstrukteure, Qualitätssicherer, Einkäufer. Sie löten an digitalen und analogen Eisenbahnsystemen der N-Serie, sie regeln den Vertrieb der Minitrix-Linie, koordinieren die Geschäfte mit Fernost.
Flexibilität ist gelebte Werksphilosophie
Es sind wesentlich mehr Fachkräfte als ungelernte Produktionshelfer – „die meisten Mitarbeiter übernehmen drei Aufgabenbereiche“. Die in Zeiten der Globalisierung geforderte Flexibilität ist gelebte Werksphilosophie. Dass mit einer Schließung des Nürnberger Betriebs „keine Kernaktivitäten“ betroffen seien, empfinden Sickinger und die Beschäftigten daher als „Affront“ des Insolvenzverwalters: „Herr Pluta war einmal zur Insolvenzeröffnung in Nürnberg. Alle weiteren Kenntnisse über Aktivitäten und Kompetenzen der Nürnberger Belegschaft hat er aus zweiter Hand“, wettert auch Andreas Weidemann, Zweiter Bevollmächtigter der Nürnberger IG Metall.
Am Donnerstag soll über die Zukunft der Nürnberger und Göppinger Werke entschieden werden – Prognosen will niemand wagen. „Die Hoffnungs stirbt zuletzt“, sagt Sickinger. „Alles ist offen“, sagt Pluta-Sprecherin Sibylle Greiser. Insgesamt hätten sich „60 bis 100 Interessenten“ gemeldet, berichtet sie. Von denen aber viele abspringen dürften, wenn sie erfahren, dass das Finanzierungsvolumen mindestens 80 Millionen Euro beträgt. Und unter denen auch einige „Glücksritter“ sein dürften, die immer dann aufschlagen, wenn es gilt, ein Firmenwrack auszuschlachten.
Leichenfledderer und Heuschrecken sind das letzte, was Sickinger seinem Werk wünscht.
Steffen Windschall
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