Konzert soll deutsche Teilung musikalisch erlebbar machen

Eine Mauer teilt am Tag der Deutschen Einheit die Hofer Freiheitshalle. Auch die Musiker auf der Bühne und das Publikum sind getrennt. Doch die Inszenierung endet so wie die Geschichte vor 35 Jahren.
von  dpa
In der Hofer Freiheitshalle erinnert am Tag der Deutschen Einheit ein Konzert an die Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands. (Archivbild)
In der Hofer Freiheitshalle erinnert am Tag der Deutschen Einheit ein Konzert an die Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands. (Archivbild) © Peter Kneffel/dpa

Getrennt und wiedervereint: Die Dresdner Sinfoniker laden am Tag der Deutschen Einheit zu einer Zeitreise in die Hofer Freiheitshalle ein. Unter dem Titel "Drüben" soll die lange Teilung des Landes musikalisch erfahrbar werden. Zu Beginn trennt eine Mauer Saal, Orchester und Zuhörer. Ob man seinen Platz in der Ost- oder Westhälfte bekommt, entscheidet der Zufall. Denn für den ersten Teil des Konzertes werden die Sitzplätze verlost. Uniformierte Grenzer patrouillieren am Bühnenrand, Dirigent Jonathan Stockhammer steht auf einem Wachturm.

Konzert soll Geschichte hautnah erlebbar machen 

"Wer die Zeit der Trennung Deutschlands nicht selbst erlebt hat, wird jetzt hineingeworfen und erfährt Geschichte hautnah", heißt es in der Ankündigung. Das Konzert war bereits 2022 im Dresdner Kulturpalast zu sehen und wurde von Schauspieler Tom Quaas in Szene gesetzt. Die Idee dazu hatte Intendant Markus Rindt, der selbst 1989 über Prag aus der DDR floh und mit einem Sonderzug in Hof ankam.

Hüben und drüben

Rindt macht geltend, dass die Wiedervereinigung auch das Leben vieler Orchestermusiker prägte. Deshalb empfindet er das Programm "Drüben" als ein sehr persönliches Anliegen. Mit "drüben" war im Westen damals die sogenannte Ostzone - das Gebiet der DDR - gemeint. Im Osten wiederum verstanden viele den Westen darunter. Jetzt soll "drüben" auch Bezüge zur Gegenwart herstellen. "Zwei Auftragskompositionen der Dresdner Sinfoniker reflektieren über damalige Einheitsfreude, heutigen übersteigerten Nationalismus und die Mauern in der Welt und in den Köpfen", hieß es.

Zwei Auftragswerke der Sinfoniker im Programm

Das Konzert beginnt mit dem Lieder-Arrangement "Hüben und Drüben". Pop- und Rocksongs aus Ost und West zeigen, dass es systembedingte Unterschiede gab, aber auch große Gemeinsamkeiten. Danach folgt ein Werk des Münchener Komponisten Markus Lehmann-Horn, der in seinen "Utopian Melodies - yelling at Me!" auch Tonmaterial aus verschiedenen Hymnen und Liedern zitiert. Nach der Pause sind bei dem Stück "Landmark" der britischen Komponistin Charlotte Bray alle Musiker wieder vereint. Das Konzert für Klavier und Bläser von Igor Strawinsky rundet das Programm ab. 

"Der Blick zurück auf die Zeit der Wiedervereinigung Deutschlands zeigt, dass es Menschen braucht, die Chancen für sich und andere nutzen und mutige Entscheidungen treffen", sagt Rindt. Charlotte Bray sieht im Zusammenschluss von Ost- und Westdeutschland einen monumentalen Moment und richtet den Blick zugleich über die Grenzen Deutschlands hinaus: "Während die deutsche Gesellschaft zusammenwächst und sich stetig konsolidiert, wird unsere Welt leider von einer unterschwelligen Traurigkeit heimgesucht, beruhend auf einer zunehmenden Spaltung und Entfremdung."

Dresdner Sinfoniker wiederholt mit politischen Botschaften

Die Dresdner Sinfoniker entstanden Ende der 1990er Jahre und spielen ausschließlich zeitgenössische Musik. Sie setzen sich aus Musikerinnen und Musikern mehrerer europäischer Orchester zusammen und kommen in unterschiedlichen Besetzungen für spezielle Projekte zusammen. Oft ist damit auch eine politische Botschaft verbunden. 2017 protestierten sie etwa musikalisch an der Grenze zwischen Mexiko und den USA gegen die von US-Präsident Donald Trump geplante Mauer. 2013 führten sie im Westjordanland eine Symphonie für Palästina mit Kollegen aus arabischen Ländern auf.

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