"Kontrollwahnsinn": Zum Schulstart sprechen sich Eltern und Lehrer weiter gegen "Exen" in Bayern aus

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Das Schulsystem in Bayern muss sich nach Ansicht des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) und des Bayerischen Elternverbands (BEV) grundlegend verändern. Es brauche eine andere Form des Lernens und ein anderes Leistungsverständnis, forderten BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann und die stellvertretende Vorsitzende des BEV, Angela Wanke-Schopf, in der "Süddeutschen Zeitung". An diesem Dienstag beginnt in Bayern das neue Schuljahr.
"In unserer bayerischen Gesellschaft leben wir einen scharfen Leistungsbegriff, viele sind unterwegs in dem Kontrollwahnsinn", sagte Fleischmann. "Alternative Formen der Leistungserhebung, die gibt’s aber schon, die stehen in den Lehrplänen, aber das trifft den Mainstream-Geschmack der Söderianer nicht." Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte im vergangenen Herbst per Machtwort das Fortbestehen der unangekündigten Tests verkündet.
"Exen" bleiben in Bayern, Stadt München empfiehlt Schulen den Verzicht
Wanke-Schopf sagte: "Wir vom BEV sind ganz klar für die Abschaffung der unangekündigten 'Exen' (Extemporalen d.Red.) und dieses Abfragen, also dieses 'An die Tafel holen und dann eine Viertelstunde oder halbe Stunde fragen, bis der Schüler die Nerven verliert und eine schlechte Note bekommt'." Es brauche eine andere Prüfungskultur. "Warum nicht individuelle Projekte machen und darüber einen Test schreiben? Warum sollen die Lehrer nicht im Gespräch Noten machen?", sagte Wanke-Schopf. "Brauchen wir Noten überhaupt? Ich finde, da sollte man viel größer denken."
Nach Angaben des Kultusministeriums wird es die bei vielen Schülerinnen und Schülern besonders ungeliebten "Exen" weiter geben. Es liegt aber weiterhin im Ermessen der Lehrer, wie sie damit umgehen.
Am 3. Juli hatte der Bildungsausschuss des Bayerischen Landtages eine Petition einer Münchner Schülerin abgelehnt, die ein Ende der unangekündigten Leistungsnachweise gefordert hatte – 56.000 Menschen folgten ihr in diesem Aufruf. Unterstützt wurde sie dabei nicht nur von anderen Schülerinnen und Schülern, sondern auch von Fachkräften, Elternverbänden und Experten aus dem Bildungsbereich.
Nach der Absage auf Landesebene, entschied man sich im Münchner Bildungsreferat dazu, einem Antrag der Fraktion Grüne – Rosa Liste – Volt zu folgen und eine Empfehlung an die Schulen und Lehrerschaft der Landeshauptstadt auszusprechen, auf unangekündigte Leistungsnachweise zu verzichten. Schulen, die sich gegen die sogenannten "Exen" entscheiden, können also mit der Rückendeckung ihres Bildungsreferats rechnen. Anja Berger, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, äußerte daraufhin ihre Hoffnung, dass viele Schulleiter*innen und Lehrkräfte der Empfehlung folgen und so ein besseres Lernklima schaffen. Als Lehrerin weiß ich, dass ein Unterricht ohne Exen und Abfragen die bessere Wahl ist."
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