Knacki nach Ausbruch weiter auf der Flucht
NÜRNBERG - Er durchstieß eine WC-Decke und seilte sich vom Dach mit Bettlaken ab: Nach der spektakulären Flucht eines Gefangenen aus der Nürnberger Justizvollzugsanstalt fehlt von dem Ausbrecher jede Spur.
Einen Tag nach seinem waghalsigen Ausbruch aus dem Nürnberger Gefängnis ist ein 30 Jahre alter Häftling weiter auf der Flucht. Ob er sich noch in der Region aufhalte, sei unklar, sagte ein Gefängnissprecher am Dienstag. In sein Heimatland Polen habe sich der mutmaßliche Einbrecher aber wohl nicht abgesetzt, weil auch dort ein Verfahren gegen ihn laufe. „Als gewalttätig ist er nicht bekannt“, beruhigte der Beamte. Der Untersuchungshäftling war am frühen Montagmorgen gemeinsam mit seinem Zellengenossen über das Dach des Gefängnisses geflüchtet. Für seinen Komplizen währte die Freiheit jedoch nur kurz – er wurde bald nach dem Ausbruch wieder von der Polizei gefasst.
Für einen der beiden Gefangenen war die Flucht schnell vorbei
Gemeinsam hatten die beiden Gefangenen vermutlich mit Hilfe eines Schraubenziehers die hölzerne Decke in der Toilette ihrer Zelle durchstoßen und waren so auf den Dachboden des Gebäudes gelangt. Von dort aus kletterten der 30-Jährige und sein sieben Jahre älterer Kumpan auf das Dach und schließlich auf die Anstaltsmauer, von der sie sich an zusammengeknoteter Bettwäsche 15 Meter tief abseilten.
Kurz darauf spürte die Polizei den Älteren der beiden in der Nähe der JVA unter einem Lastwagen liegend auf. Der 30-Jährige mit den dunkelblonden Haaren hingegen stieg bisherigen Ermittlungsergebnissen zufolge an einer knapp zwei Kilometer entfernten Brücke in eine schwarze Limousine mit Nürnberger Kennzeichen.
Das Gefängnis ist nicht auf dem neuesten Stand
„Das muss für einen Gefangenen alles perfekt ablaufen, wenn die Flucht klappen soll“, erläuterte der JVA-Sprecher. Die von der SPD-Landtagsfraktion nach der Flucht kritisierte Personalausstattung der Haftanstalten habe in diesem Fall keine Rolle gespielt. „Das Personal ist generell knapp, aber wenn wir mehr gehabt hätten, hätte es diesen Ausbruch nicht verhindert.“
Zugute kamen den beiden Polen allerdings die Schwächen des 1901 errichteten Gebäudes, das sicherheitstechnisch nicht auf dem neusten Stand ist. Zwar habe die Gefängnisleitung schon mit der baulichen und elektronischen Nachrüstung begonnen, sagte der Sprecher. Doch seien diese Maßnahmen noch nicht abgeschlossen. Anlass für den Umbau war die Flucht eines akrobatischen Häftlings Mitte Mai gewesen. Der 26 Jahre alter Abschiebehäftling war eine glatte Hauswand hochgeklettert, hatte ein vorspringendes Dach überwunden, sich durch Stacheldraht gekämpft und war mehrere Meter in die Tiefe gesprungen.
dpa
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