Klein und ziemlich allein in Eiseskühle

Im Nürnberger Kunstbunker stellt Thomas Grötz mit „Berlin – Anfang und Ende“ Kollegen aus der Hauptstadt vor. Er macht die Kälte und Sparsamkeit zum Konzept. Etwas mehr Sinnlichkeit wäre aber auch nicht schlecht gewesen. Oder eine Heizdecke...
von  Abendzeitung
Kurator Thomas Grötz neben der apokalyptischen Computer-Collage "Himmel und Erde" von Markus Selg.
Kurator Thomas Grötz neben der apokalyptischen Computer-Collage "Himmel und Erde" von Markus Selg. © Klaus Schillinger

Nürnberg - Im Nürnberger Kunstbunker stellt Thomas Grötz mit „Berlin – Anfang und Ende“ Kollegen aus der Hauptstadt vor. Er macht die Kälte und Sparsamkeit zum Konzept. Etwas mehr Sinnlichkeit wäre aber auch nicht schlecht gewesen. Oder eine Heizdecke...

Der Schock sitzt: Wo vor einigen Wochen noch die verspielten Objekte der „Brotherhood of Subterranea“ den unterirdischen Räumen eine geheimnisvolle Aura verliehen, herrscht im Nürnberger Kunstbunker nun auch visuell Kellertemperatur. Ziemlich kühl. Kahl und leer empfängt der erste Raum seine Besucher. Der zweite zeigt Bilder von traumwandlerischer Versponnenheit und nächtlicher Innigkeit. Auch die übrigen Räume lassen mit ihren vielen weißen Flächen das Gefühl beim Betrachter entstehen, klein und ziemlich allein zu sein mit der nicht gerade gesprächigen Kunst.

Natürlich ist das Konzept in der Ausstellung „Berlin - Anfang und Ende“, die Vertreter einer losen Künstlergemeinschaft zeigt, Szene-Stars wie Unbekannte. Thomas Grötz hat sie kuratiert und neben eigenen die Bilder neun weiterer Künstler zur Disposition gestellt. Vereinzelt hängen die Gemälde, Fotos und Aqurelle, so dass man nicht umhin kommt, sich auf die Motive einzulassen.

Abstrakte und konzeptionelle sind darunter, wie Maja Körners verwischte Temperafarben, Thomas Winklers starke, flirrende Farbfelder, seine Foto-Editionen, deren Selbstbezüglichkeiten amüsieren. Aber auch Bilder von mittelalterlicher, apokalyptischer Wucht, Markus Selgs Papier- und Computercollagen „Himmel und Erde“ oder „Freihaupt“. Grötz’ eigene Formate sind wieder etwas für meditative Zeitgenossen, zeigen symbolistische Zeichnungen auf sphärischen Farbmischungen. Spätestens hier hätte er zugleich Heizdecken auslegen sollen.

Zart und intensiv wirken die Nachtfotografien Philip Fleischers, die man zunächst für monochrome Flächen halten könnte, dann aber ihre Motive entdeckt, geheimnisvoll wie ein Caspar-David-Friedrich-Nocturno. Nicht minder verträumt, strahlen gegenüber Judith Korporaals naive Pastellkreidezeichnungen mit Blumen und Schmetterlingen eine feine Traurigkeit aus.

Von Berlins Wärme, seiner Verrückheit, seinen Brüchen erzählen die Künstler wenig. Niemand zwingt sie, ihren Wohnort im Werk zu spiegeln. Dennoch: Etwas mehr Kontext, eine breitere Werkauswahl, Sinnlichkeit hätten dieses Manko abfedern können. So läuft der Kunstbunker Gefahr, als intellektueller Eispalast zu erstarren. Georg Kasch

Kunstbunker (Bauhof 9): Bis 20. Juli, Mi-Fr 15-20 Uhr, Sa/So 11-17 Uhr

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