Kinder müssen draußen bleiben - Hotels nur für Erwachsene
Im Frühstücksraum des Hotels. Sie schneiden noch etwas verschlafen Ihre Semmel auf, nehmen den ersten Schluck Kaffee. Dann ist Schluss mit dem sanften Wachwerden: Eine Familie kommt herein. Die Kinder stürmen um die Tische, spielen Fangen, machen Gaudi. Das Gleiche am Pool. Die Kleinen planschen und brüllen.
Genau solche Szenen haben die Inhaber des Hotels Antoniushof in Schönberg im Bayerischen Wald zu einem einschneidenden Schritt bewogen: Kinder müssen hier – schon seit dem Jahr 2011 – draußen bleiben.
Das „erwachsenenfreundliche Hotel“, wie es sich selbst im Internet beschreibt, beherbergt nur Gäste ab 16 Jahre. Es verspricht sanften Ausgleich, Erholung, Ruhe, Zweisamkeit. Eben alles außer schreiende und tobende Kinder.
Es ist nur eines von zahlreichen solcher Hotels ab 16 Jahren. Wie etwa auch neuerdings das „Esplanade“ im brandenburgischen Kurort Bad Saarow. Das ist seit November kinderfrei. Und hat dadurch mächtig Ärger mit einigen potenziellen Kunden. Die Kommunikation sei „nicht immer angenehm“, heißt es dazu vom Hotel. Manches Mal gibt es auch gar keine Kommunikation mehr – weil die Urlauber nach dem Hinweis auf das Kinderverbot kein Wort mehr mit den Angestellten wechseln wollen.
„Adult only“, „erwachsenfreundlich“ oder auch „kinderfrei“ – wie man es auch dreht und wendet, im Endeffekt heißt das übersetzt: Kinder sind nicht erlaubt. Ist ein solches Angebot in Ordnung oder Diskriminierung von Kindern? Werden Familien dadurch benachteiligt? Gar ausgesperrt?
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Gestern hat sich dazu die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu Wort gemeldet und sagt: Ja, das ist problematisch. Wenn Kinder nicht in Hotels übernachten dürfen, könnte das nach Einschätzung der Stelle ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sein.
In dem Gesetz heißt es explizit, Benachteiligungen aufgrund des Alters sollen verhindert werden. In diesem Fall würden nicht nur die Kinder wegen ihres Alters benachteiligt, sondern auch deren Eltern, die sich gezwungenermaßen ein anderes Hotel suchen müssen.
„Das ist nicht Diskriminierung, sondern freier Markt“
Ein höherer Lärmpegel durch herumtobende und spielende Kinder ist aus Sicht der Antidiskriminierungsstelle kein Grund, allen Kindern pauschal den Besuch eines Hotels zu verbieten. Angebracht wäre es vielmehr, Kinder erst dann des Gebäudes zu verweisen, wenn sie tatsächlich stören.
Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht das anders. Der Bayerische Dehoga-Präsident, Ulrich N. Brandl, findet die Rüge „weit überzogen“, wie er der AZ erklärt. „Das ist in keiner Weise Diskriminierung.“
Brandl ist selbst Familien-Hotelier und hat auch dort einen Bereich abgeteilt, der Erwachsenen vorbehalten ist. Das Ruhebedürfnis, das Urlaubern heutzutage immer wichtiger werde, sei mit Kindern einfach nicht möglich.
Deswegen könne er es sehr gut nachvollziehen, dass manche Hotels nicht versuchten, „den Spagat zwischen den Bedürfnissen von Kindern und Erwachsenen zu schaffen“, sondern sich spezialisieren. „Es ist ein freier Markt und hier hat man die Möglichkeit, sein Angebot selbst zu definieren.“
Brandl kennt in Bayern nur drei Erwachsenenhotels. Das bestätigt die Besitzerin des Erwachsenen-Hotels in Schönberg, Myrtha Giffhorn. Neben ihrem gibt es noch das „Dolce Vita“ in Bodenmais und das Hotel Grünwies am Großen Arber.
Laut Ursula Dietmair vom Tourismusamt gibt es in München gar keines. Ihr zufolge sei dies für Stadthotels eher untypisch und mehr etwas für Hotels in ländlichen Räumen – eben dort, wo Reisende Erholung und Ruhe suchen. Die Seite „Urlaub ohne Kinder“ listet derzeit 37 kinderfreie Unterkünfte in Deutschland auf. In Europa sind es 371, weltweit 677 Angebote.
Sind diese Hotels ein Trend? Können Familien bald nicht mehr in den Urlaub fahren, weil sie nirgends erwünscht sind? „Nein“, sagt Brandl vom Dehoga klar. Es gebe im Gegenzug genauso Kinder- und Familienhotels. Tendenz steigend.
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