„Kinder & Frauen sind die Kuriere!“

Ein Insider packt aus: So schmuggeln Chaoten Böller ins Stadion
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NÜRNBERG - Ein Insider packt aus: So schmuggeln Chaoten Böller ins Stadion

Der Club muss für den oder die am Samstag in Frankfurt zündelnden Chaoten, die beinahe einen Spielabbruch provozierten, mindestens den Geldbeutel hinhalten. Neben einer saftigen Geldstrafe zwischen 30000 und 50000 Euro droht ein Heimspiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit oder gar die Aberkennung des 3:1-Sieges bei der Eintracht. Was einem Super-GAU gleich käme. Der DFB ermittelt seit gestern offiziell. Er könnte im schlimmsten Fall mit einem Punktabzug das wohl vorzeitige Todesurteil im Kampf gegen den Abstieg aussprechen.

Doch wie gelingt es den potenziellen Radaumachern überhaupt, die brandgefährlichen Feuerwerkskörper ins Stadion zu schmuggeln? Andreas F. (Name geändert) gehört seit Jahren zu den Sympathisanten der Club-Ultras. „Mitglied bin ich nicht. Aber wie die Jungs für Stimmung sorgen, das gefällt mir. Da bin ich regelmäßig mittendrin“, gesteht der FCN-Anhänger mit Stehplatz-Dauerkarte. Zusatz: „Aber nur, wenn es ums Singen und Party machen geht.“ Doch der Mittzwanziger weiß auch, wie die Einlasskontrollen umgangen werden und welche Tricks die Chaoten auf Lager haben, um für möglichst viel Aufsehen sorgen zu können. Wie es geht, verrät er exklusiv in der AZ.

"Böller, Bengalfackeln und Rauchtöpfe"

„Wer da in Frankfurt gezündelt hat, das weiß ich nicht. Ich habe nichts gesehen. Ich weiß nur, dass auch mir das Trommelfell fast geplatzt wäre.“ Zuletzt hatte es im vergangenen Jahr in Mainz am 24. Februar und in Wolfsburg am 31. Oktober von FCN-Chaoten derart auf die Ohren gegeben. Ohne, dass der oder die Täter ermittelt werden konnten. „Das ist – trotz umfangreicher Videoüberwachung in den Stadien – auch gar nicht so einfach“, weiß Andreas F. „Diese Freaks verstecken sich hinter größeren Fahnen oder Doppel-Haltern. Oder sie werfen die Böller sitzend aus einem Pulk von um ihnen stehenden Kumpels in Richtung Spielfeld.“ Der Transport, das Schmuggeln pyrotechnischer Gegenstände wie Böller, Bengalfackeln oder so genannter „Rauchtöpfe“ ins Stadion hat allein schon kriminellen Charakter, so raffiniert wie die Chaoten vorgehen.

„Die Jungs sind da sehr kreativ“, plaudert Insider F. So werden beispielsweise Schuhsohlen ausgehöhlt und dort die kleinen, aber akustisch höchst effektiven Kanonenschläge quasi „unauffindbar“ versteckt. Um welches Produkt es sich in Frankfurt gehandelt hat, steht noch nicht fest. Favorit ist der „Cobra 1“. Einer der Vertreiber, die Firma „fireEmotion“ aus dem österreichischen Katzelsdorf, wirbt im Internet: „Der ultimative Knaller mit der einzigartigen Fangemeinde in Österreich! Versprochen: Es gibt sicher keinen lauteren Knaller!“ Stückpreis: 2,40 Euro.

„Die Dinger werden im Genitalbereich versteckt“, berichtet F.. „Da fasst kein Ordner hin. Bisweilen werden aber auch unverdächtige Personen als Kurier missbraucht.“ Kinder, beispielsweise oder „der unscheinbare Nachwuchs“, der sich in der Szene erst hochdienen muss. Oder die Freundin. „Da liegt die Garantie, nicht erwischt zu werden, bei nahezu 100 Prozent“, verrät der Szenekenner weiter.

Teilweise mit richtigen Leibesvisitationen

Abschreckend ist lediglich das Beispiel Leverkusen. „Da haben alle Bammel“, weiß F., „denn in der BayArena sind die Kontrollen so akribisch, dass sogar die Schuhe ausgezogen werden müssen. Teilweise sind da richtige Leibesvisitationen inklusive komplettem Ausziehen in einem gesonderten Raum angesagt. Da hat keiner Bock drauf. Egal, ob Ultra, Kuttenträger oder Normalo.“

Andreas F. auch nicht. „Ich hoffe, dass die Chaoten erwischt werden“, sagt er. „Ich will nicht in einen Topf mit ihnen geworfen werden, sondern nur singen und feiern. Friedlich. Mit den Ultras. Mit allen Club-Fans.“

Markus Löser

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