"Keine Zeit zum Flattern"
NÜRNBERG - Thomas Dill vor seiner Premiere als Rennleiter am Norisring. Dem 50-jährigen Diplom-Ingenieur geht die Teamarbeit über alles. "Anders geht es gar nicht."
Seit 1962 war Gernot Leistner beim „fränkischen Monte Carlo“ Alfa-Tier beim großen PS-Spektakel am Dutzendteich. Nach seinem 50. Einsatz als Rennleiter vor einem Jahr tankte der 74-jährige MCN-Präsident, den sie in der Bleifuß-Branche respektvoll „Mister Norisring“ nennen, ab. Am Wochenende feiert sein Nachfolger Premiere: Thomas Dill (50) stieg vom Stellvertreter zum Rennleiter auf.
Schmetterlinge im Bauch? „Nein,“ sagt der bei Siemens beschäftigte Dimplom-Ingenieur, der am 15. März „nach drei Jahren“ Gemeinsamkeit seine Ingun geheiratet hat, „Bei so viel Arbeit hat man gar keine Zeit zum Flattern.“ Und außerdem. „Das ist doch ungefähr so, wie wenn in der Politik ein neuer Minister ernannt wird – das Team bleibt doch das alte.“
Und Thomas Dill ist ein Teamplayer. „Klar“, sagt er, „denn anders geht’s doch gar nicht.“ Insgesamt sind am Norisring-Wochenende und den Tagen zuvor über 600 Funktionäre und Helfer, auch aus befreundeten Vereinen, im Einsatz. „Den Leuten macht es seit 40 Jahren Spaß, diese Veranstaltung auf die Beine zu stellen, da muss alles freundschaftlich ablaufen.“
55 Euro Spesen fürs Wochenende
Und ehrenamtlich, versteht sich. Ganze 55 Euro Spesen gibt’s für jeden, der am Wochenende im Einsatz ist – vom Rennleiter bis zum „Zaunkönig“ (Dill). Wie Klaus Turban, der nun schon seit über 30 Jahren Absperrzäune auf- und am Sonntagabend, wenn die letzte Zielflagge geschwenkt ist, wieder abbaut. „Du willst ja auch hier kein Geld verdienen. Es ist ein Hobby – auch wenn’s viel Zeit in Anspruch nimmt und die Arbeit von Jahr zu Jahr mehr wird“, sagt Motorrad-Freak Dill, der zu Beginn seiner Norisring-Karriere auch schon in Sachen Zäune gewerkelt hat.
Strenggenommen ist es „ein Ein-Jahres-Job, auch für die Jungs“, sagt Dill, der in dieser Woche Urlaub genommen hat und seit letzten Montag täglich von früh bis abends am Stadtkurs am Dutzendteich vor Ort ist. Mit jedem Tag nimmt die Hektik zu. Fast pausenlos klingelt das Handy und eine Besprechung jagt die nächste. „Aber wenn man dann sieht, wie die Rädchen zusammenspielen, ist das schon ein ganz tolles Gefühl“, grinst Dill.
"Alles im grünen Bereich"
Gestern abend stand dann „ein ganz spannender Moment“ auf dem Programm – die Streckenabnahme. „Alles im grünen Bereich“, schnaufte Dill hinterher durch. Zuvor waren u. a. die „kritischen Stellen“ der 2,3 Kilometer langen Rennstrecke frisch asphaltiert worden, um die tückischen Bodenwellen zu entschärfen. Die nächsten „ganz spannenden Momente“ hat der neue Rennleiter noch vor sich. Erst beim DTM-Qualifying am Samstag („da geht’s mächtig zur Sa»che“) und dann natürlich beim Start des DTM-Rennens am Sonntag um 14 Uhr. „Die Tribünen sind rappelvoll, die Autos stehen unten, die Luft vibriert und du stehst oben auf dem Start-Podest – das ist schon ein aufregender Moment.“
Auch für die Fahrer. „Denen macht’s einfach Spaß, hier zu fahren, so nah an den Zuschauern zu sein – und das mitten in der Stadt. Das ist der große Reiz des Norisring-Rennens.“ Und wer gewinnt? „Das ist mir eigentlich egal“, sagt Dill. „Aber dem Bruno Spengler (der Mercedes-Pilot stand in den letzten Jahren ganz oben auf dem Siegerpodest, die Red.) würde ich schon den Hattrick gönnen.“ Und Formel 1-Aus- und DTM-Einsteiger Ralf Schumacher? „Der ist von seiner Persönlichkeit her eine absolute Bereicherung für die DTM.“ Gerhard Schmid
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