Kein Witz: Dieser Mann braucht Winterreifen für seinen Rollstuhl!

Helmut Ziesmann ist auf seinen Elektro-Rolli angewiesen. Für das Verkehrsministerium ein Kraftfahrzeug - er braucht also Schnee-Pneus. Nur: Es gibt gar keine dafür!
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Helmut Ziesmanns Rolli ist ein Kraftfahrzeug – und braucht auch Winterreifen!
News5 Helmut Ziesmanns Rolli ist ein Kraftfahrzeug – und braucht auch Winterreifen!

Helmut Ziesmann ist auf seinen Elektro-Rolli angewiesen. Für das Verkehrsministerium ein Kraftfahrzeug - er braucht also Schnee-Pneus. Nur: Es gibt gar keine dafür!

NÜRNBERG Seit einigen Wochen besteht Winterreifenpflicht. Wer bei Schnee und Eis noch ohne unterwegs ist, dem droht eine empfindliche Strafe. Dass aber auch Helmut Ziesmann laut Verkehrsministerium Schnee-Pneus braucht, überraschte ihn dann doch: Denn Helmut Ziesmann fährt – Rollstuhl!

Der 64-Jährige engagiert sich im „Team Handicap Franken e. V.“ für die Belange Behinderter und ist auf den Elektro-Rolli angewiesen, da er unter Multipler Sklerose leidet. Der Frührentner muss fast lachen: „Ich habe es schriftlich vom Ministerium, dass mein 15-km/h-Rolli ein Kraftfahrzeug ist und ich deshalb Winterreifen brauche.“ Nur: Es gibt gar keine Winterreifen für seinen Krankenfahrstuhl!

Es ist nicht das erste Mal, dass Ziesmann sich mit Gesetzen konfrontiert sieht, die für Rolli-Fahrer grotesk wirken: „Ende 2009 hatte ich es eilig und bin über einen Fußgängerüberweg gerollt – bei Rot.“ Das hatte ein Polizist beobachtet, der eine kräftige Standpauke hielt – und einen Strafzettel über 45 Euro ausfüllte. „Mit Gebühr und Bußgeld lag ich dann bei 90 Euro“, sagt Ziesmann. Und: Seitdem hat er drei Punkte in Flensburg!

Winterreifenpflicht „nur ein theoretisches Problem"?

Doch Ziesmann wäre nicht der Ziesmann, der sich für Rollstuhlgenossen einsetzt, würde er das unwidersprochen hinnehmen: „Ich erhob Einspruch.“ Erst beim Amtsgericht erfuhr er, dass sein Rolli vom Gesetz als Kraftfahrzeug eingestuft ist. Folge: Der Strafzettel wurde nicht zurückgenommen.

„Dass ich mit einem 40-Tonner gleichgesetzt wurde, leuchtete mir nicht ein“, sagt Ziesmann – und schrieb ans Bundesverkehrsministerium. Mit Erfolg: Im Sommer traf die Länderkommission eine Entscheidung, wonach in Zukunft das Überfahren einer roten Ampel für Rollstuhlfahrer nur noch 35 Euro Strafe kostet – und keine Punkte mehr in Flensburg einbringt.

Ein Punktsieg also. Der aber eine neue Frage aufwarf: „Wenn ich also ein Kraftfahrzeug nutze, unterliege ich dann zwangsläufig auch der Winterreifenpflicht?“

Er fragte beim Bundesverkehrsministerium nach. Und erfuhr: Eindeutig ja!

Zwar beeilte sich der zuständige Beamte, ihm die Angst vor einer Polizeikontrolle zu nehmen: „Eine Beanstandung wegen Fahrens mit einem Krankenfahrstuhl ohne Winterreifen“ stellte nämlich für das Ministerium „nur ein theoretisches Problem dar“.

Ziesmann hofft nun, „dass das auch in der Praxis so ist“. Und er nicht auf Polizisten trifft, die den Buchstaben des Gesetzes in aller Konsequenz folgen...

Susanne Will

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