Kein Scherz: Fürth verlangt eine Luftsteuer!

Wer Plakate oder Automaten im öffentlichen Verkehrsraum aufhängt, soll künftig Gebühren zahlen. In Nürnberg hält man den Aufwand für zu groß
von  Abendzeitung
Der AZ-Fotograf hat den „Luftraum“ rot markiert, den Automaten über dem Gehsteig beanspruchen – in Fürth will man dafür jetzt eine Luftsteuer kassieren.
Der AZ-Fotograf hat den „Luftraum“ rot markiert, den Automaten über dem Gehsteig beanspruchen – in Fürth will man dafür jetzt eine Luftsteuer kassieren. © Berny Meyer

FÜRTH - Wer Plakate oder Automaten im öffentlichen Verkehrsraum aufhängt, soll künftig Gebühren zahlen. In Nürnberg hält man den Aufwand für zu groß

Die Städte sind klamm, überall fehlt Geld. Da sind Ideen gefragt, um die Haushaltslöcher zu stopfen. Die Stadtoberen von Fürth (Verschuldung 2008: 220 Millionen Euro, pro Einwohner 1928 Euro) haben jetzt den Luftraum entdeckt, in den Zigaretten-, Kaugummi- oder Handykarten-Automaten an Hausfassaden hineinragen. Ab 15 Zentimeter werden die Betreiber künftig zur Kasse gebeten...

Doch wie schaut’s in Nürnberg (Verschuldung 2008: rund eine Milliarde Euro, 2002 Euro pro Kopf) aus? „Das ist nicht der große Hit“, winkt Bernd-Peter Glöckner, Vize-Chef des Nürnberger Liegenschaftsamtes ab „Vor 20 Jahren haben wir mal Ähnliches überlegt und einen gewaltigen Aufruhr hervorgerufen unter den Automaten-Aufstellern.“ Die protestierten heftig, sahen eine doppelte Belastung auf sich zukommen. Denn die Betreiber müssen ohnehin an die Hauseigentümer fürs Aufhängen Gebühren zahlen. Deshalb ist in Nürnberg nach Paragraph 4 Sondernutzungssatzung festgelegt, dass eine Luftraum-Nutzung hier erlaubnis- und kostenfrei ist.

Außerdem, so Glöckner, sei der ganze Aufwand, die Automaten flächendeckend in ganz Nürnberg zu ermitteln und dann Bescheide zu erlassen, so hoch, dass es sich nicht lohnen würde. Denn: „Wir machen nichts, bei dem wir fünf Euro einnehmen und acht Euro ausgeben müssen.“ Der Liegenschafts-Vize würde sich nicht wundern, wenn die Fürther jetzt ähnliche Erfahrungen machen. „Bei uns haben sie jedenfalls nicht vorher nachgefragt.“

In Fürth wurden indes neben 630 Werbeplakaten auch 315 Zigaretten-, 187 Kaugummi- und etliche Handykarten-Automaten registriert, die 15 Zentimeter und mehr in den Luftraum hineinragen. Für die Plakate sind jährlich bis zu 1000 Euro fällig. Für die Warenautomaten fallen zwischen 25 und 150 Euro Gebühr an – je nach Größe und Standort. Teuerste Straßenkategorie ist die Fußgängerzone. Dabei geht es nicht nur ums reine Abkassieren. Die Stadt will damit auch die Flut an Automaten und Plakaten rigoros eindämmen.

„Die Stadtgestaltung im öffentlichen Verkehrsraum beschäftigt uns in Nürnberg natürlich auch“, stellt Glöckner fest: „Als Bürger finde ich es selbst bescheuert, was da an Mist herumhängt.“ Aber das flächendeckend zu kontrollieren, sei eben nicht ganz einfach. So habe man einem Zirkus vor kurzem 100 Werbeplakate genehmigt. „Und 967 ließen wir dann einsammeln“, so der Behördenleiter. cis

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