"Kein Platz für bayerischen Sonderweg": Klage gegen strenge Kiffer-Regeln eingereicht

"Söders Politik schadet der Gesundheit der Bürger", kritisiert ein Bündnis aus SPD, FDP und der Linken. Es geht nun gegen die strikten Regeln für den Konsum von Cannabis in Bayern vor.
von  Leonie Fuchs
Der Konsum von Cannabis ist im Wiesnzelt und auch auf anderen Volksfesten in Bayern untersagt. Wird sich das bald ändern?
Der Konsum von Cannabis ist im Wiesnzelt und auch auf anderen Volksfesten in Bayern untersagt. Wird sich das bald ändern? © IMAGO/Sven Simon

München - Während auf der Wiesn eine Maß Bier nach der anderen über die Theke gereicht wird, bleibt der Konsum von Cannabis in Bayern auf Volksfesten – allen voran auf dem Oktoberfest – komplett verboten. Gleiches gilt in der Gastronomie auch für ausgewiesene Raucherräume und auch für Außenbereiche von Gaststätten und Cafés sowie Biergärten.

Städte und Gemeinden dürfen das Verbot zudem auf bestimmte öffentliche Flächen ausweiten. Tabak zu rauchen oder sich aus bloßem Spaß hemmungslos zu betrinken, würden im Freistaat folglich toleriert, doch der Konsum von Cannabis aus medizinischen Gründen werde verboten. Dies kritisierte am Mittwoch ein parteiübergreifendes Bündnis und spricht im Zuge dessen von einer "Doppelmoral". 

Strenge Kiffer-Regeln in Bayern: Bündnis spricht von "Doppelmoral"

Unter den Initiatoren sind die Bundestagsabgeordneten Carmen Wegge (SPD), Kristine Lütke (FDP) und Ates Gürpinar (Linke) sowie der Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbands, Georg Wurth. Das Bündnis hält die bayerischen Sonderregeln fürs Kiffen für verfassungswidrig und hat deshalb am Mittwoch eine Popularklage gegen das Cannabisfolgenbegrenzungsgesetz am Verfassungsgerichtshof eingereicht.

Ministerpräsident Markus Söder und die Staatsregierung würden durch das Gesetz die vom Bund beschlossene Teillegalisierung von Cannabis in Bayern unterlaufen.

"Wir als Bundesgesetzgeber haben abschließend geregelt, wo Cannabis konsumiert werden darf und wo nicht", sagt Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge (SPD) bei der Vorstellung der Begründung der Klage am Mittwoch in München. Somit sei überhaupt kein Platz für einen bayerischen Sonderweg.

Markus Söder steht für die Kiffer-Gesetze in der Kritik (Archivbild).
Markus Söder steht für die Kiffer-Gesetze in der Kritik (Archivbild). © Peter Kneffel/dpa

Der Freistaat verstoße mit dem Cannabisfolgenbegrenzungsgesetz gegen das Gebot der Bundestreue und der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Zudem würden durch das Gesetz zahlreiche Grundrechte verletzt, so Wegge. Kranke Menschen, die auf Cannabis als Medikament dringend angewiesen seien, werde es unmöglich gemacht, am Sozialleben teilzunehmen – ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit, so die SPD-Abgeordnete.

Carmen Wegge, SPD-Bundestagsabgeordnete, kritisiert die Cannabis-Gesetze in Bayern (Archivbild).
Carmen Wegge, SPD-Bundestagsabgeordnete, kritisiert die Cannabis-Gesetze in Bayern (Archivbild). © Carsten Koall/dpa

"Dies ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar." Gaststätten- und Cafébetreibern werde weiterhin dadurch untersagt, ihre Gaststätte so zu betreiben, wie sie es möchten, was die Berufsfreiheit missachte und somit ebenso einen Verstoß gegen die Bayerische Verfassung darstelle.

"Wir passen uns der neuen Lebensrealität an"

Die umstrittene Teillegalisierung von Cannabis gilt seit dem 1. April. Besitz und Anbau der Droge sind nun für Volljährige zum Eigenkonsum erlaubt. Aber nur in begrenzten Mengen und mit Tabuzonen für das Rauchen von Marihuana, etwa auf Spielplätzen, in Schulen und in Sichtweite davon.

Wer dagegen fahrlässig oder mit Vorsatz verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Bayern hat versucht, Spielräume für die Verschärfungen zu finden.

Mit dem beschlossenen Paradigmenwechsel im Umgang mit Cannabis wolle sich der Bundesgesetzgeber der neuen Lebensrealität in der Gesellschaft anpassen, so Kristine Lütke, Sucht- und Drogenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion.

"Schon vor der Teillegalisierung wussten wir sicher von rund acht Millionen Cannabiskonsumenten". Das neue Gesetz bedeute mehr Gesundheits-, Jugend- und Verbraucherschutz und die Stärkung der Freiheit. "Wir entkriminalisieren damit die Menschen, die Cannabis konsumieren."

"Auch eine CSU darf diese Errungenschaften durch willkürliche Maßnahmen oder Vorschriften nicht umgehen oder zurückdrehen", sagt Lütke. In Bayern herrsche demnach eine "Politik des Wegschauens." Ansätze der Schadensminderung, wie das Einrichten von Drogenkonsumräumen oder das "Drug-Checking" würden nicht aufgegriffen werden. 

Auch Gesundheitspolitiker und stellvertretender Parteivorsitzender der Linken, Ates Gürpinar, kritisiert: "Die Politik der bayerischen Landesregierung schadet der Gesundheit der Bürger." Durch die Politik von Söder werde Cannabispatienten verweigert, an ihre Medizin zu kommen. Dies sei ein politischer Kulturkampf, der auf dem Rücken der Bürger ausgetragen werde.

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