Kann DAS auch bei uns passieren?
Nach der Eisbären-Attacke von Berlin: Nürnbergs Tiergarten-Boss Dag Encke will seine Gehege nicht hermetisch abriegeln.
NÜRNBERG Das Zoo-Drama von Berlin – es kann auch bei uns passieren! Am Karfreitag war dort eine Frau über das Absperrgitter des Eisbärengeheges geklettert. Zwei Tiere attackierten die 32-jährige Mandy K., die schwere Verletzungen davontrug. Die lebensmüde Frau konnte gerade noch rechtzeitig von Tierpflegern aus dem Wasser gezogen werden. Doch wie schützt sich der Nürnberger Tiergarten gegen solche Zwischenfälle?
Im Prinzip gar nicht, sagt Tiergarten-Chef Dag Encke: „Es kommt jeder über Zäune, der drüber will.“ Auch hermetisches Abriegeln der Gehege bringe nichts. „Wenn wir alle Tiere in Glaskästen setzen, ist eine artgerechte Haltung nicht mehr möglich.“ Obwohl Encke vor elf Jahren noch nicht im Amt war, weiß er, wovon er spricht: In der Nacht des 15. Oktober 1998 sprang ein 27-jähriger Student aus Würzburg ins Nürnberger Löwengehege. Dort wurde er von den Raubkatzen zerfetzt. Wunschgemäß – der verwirrte Mann wollte sterben. Wie auch Joseph Hajek (†21), der sich 1954 den Löwen am Schmausenbuck zum Fraß vorgeworfen hatte.
„Wenn sich jemand umbringen will, dann macht er das“
Nach dem Berliner Drama mehren sich nun die Stimmen, die strengere Sicherheitsmaßnahmen fordern. Das aber lehnen nicht nur die Verantwortlichen in der Hauptstadt ab, sondern auch Nürnbergs Zoo-Boss: „Wenn sich jemand umbringen will, dann macht er das.“ Ebenso wenig wie Bahnstrecken oder Hochhausdächer könne man Raubtiergehege völlig abriegeln.
Encke verweist auf bestehende Sicherheitsvorschriften, die der Tiergarten penibel einhält: „Kein gefährliches Tier kann ausbrechen.“ So schützen zum Beispiel 38 Zentimeter Sicherheitsglas die Tiergarten-Besucher vor eventuellen Launen der Gorillas. Auch das neue Raubtierhaus bietet den Löwen und Tigern keinerlei Durchschlupf-Möglichkeiten. „Der Aktions-Radius von Mensch und Tier darf sich nicht überschneiden“, erklärt Encke. Damit sei die Sicherheit beider Spezies gewährleistet.
Vor Verrückten aber, die um jeden Preis in die Gehege eindringen wollen, „gibt es keine hundertprozentige Sicherheit“.
Steffen Windschall