Käpt’n Wolfgang (63): Sein arktischer Einsatz im Kanal

Mit 700 PS sorgt der Eisbrecher „Angermünde“ für freie Fahrt – sein Erfolgsgeheimnis: der „spitze Kopf“ aus Stahl
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Mit ruhiger Hand und viel Humor: Kapitän Wolfgang Hergenröther (63) steuert den Eisbrecher „Angermünde“ über den Main-Donau-Kanal.
Klaus Schillinger 2 Mit ruhiger Hand und viel Humor: Kapitän Wolfgang Hergenröther (63) steuert den Eisbrecher „Angermünde“ über den Main-Donau-Kanal.
Schiebt sich dank des spitzen Kopfes aus dickem Stahl kraftvoll durchs Eis auf dem Kanal: die „Angermünde“ – hier an der Schleuse Kriegenbrunn.
Klaus Schillinger 2 Schiebt sich dank des spitzen Kopfes aus dickem Stahl kraftvoll durchs Eis auf dem Kanal: die „Angermünde“ – hier an der Schleuse Kriegenbrunn.

Mit 700 PS sorgt der Eisbrecher „Angermünde“ für freie Fahrt – sein Erfolgsgeheimnis: der „spitze Kopf“ aus Stahl

NÜRNBERG Samstagmorgen, 10 Uhr, Schleuse Kriegenbrunn: Wolfgang Hergenröther (63) und Thomas Endrich (47) sind mit ihrem Eisbrecher „Angermünde“ auf dem Kanal unterwegs. Draußen ist’s bitterkalt, glitzernde Eisschollen schwimmen auf dem Wasser. Drinnen, auf der Brücke, ist es mollig-warm, es gibt Kaffee und Hörnchen.

Die „Angermünde“ war schon in der DDR im Einsatz

Mit ruhiger Hand steuert Hergenröther, immer im Zweierteam mit Endrich unterwegs, das 700 PS starke Schiff, das kraftvoll durch die bis zu 40 Zentimeter starken Eisschollen bricht. „Wie alt die Angermünde ist, weiß ich gar nicht so genau“, gibt Käpt’n Hergenröther zu. „Aber: sie ist alt.“ Früher, so erzählt er, war die „Angermünde“ in der DDR im Einsatz. „Damals hat die Schiffsbesatzung noch an Bord geschlafen – inzwischen wurde das Schiff aber komplett umgebaut.“ Wo einst Matrosen schliefen, befindet sich nun eine kleine Werkstatt. Und die Besatzung, die schläft inzwischen im Hotel.

20 bis 30 Binnenschiffe aus aller Welt fahren pro Tag durch den Nürnberger Zuständigkeitsbereich. Das Funkgerät knarzt und knirscht, internationales Kauderwelsch brummelt durch den Raum. „Im Laufe der Jahre bekommt man ein Ohr dafür“, lacht der Kapitän, denn für „normale“ Menschen ist dieser Slang nur schlecht zu verstehen. Nur wenn sich die Schleusenwärter zu Wort melden, bleibt das Geknarze einigermaßen verständlich.

„Schleuse Kriegenbrunn an Angermünde: An der Zennbrücke steht die WSP – bitte aufnehmen.“ – „WSP bedeutet Wasserschutzpolizei“, klärt der 63-Jährige auf. Mit einem knappen Funkspruch warnt Hergenröther den Schubverband, der in der freigemachten Fahrrinne hinter ihm fährt: „Ich fahr’ gleich mal rechts ran. Aber ab hier schaffst du’s eh alleine.“ Das Eis, am Morgen noch kernig und fest, ist inzwischen sulzig und locker geworden.

Schleusen werden Schiffen oft zum Verhängnis

An der Zennbrücke steuert der der Kapitän sein Schiff so nah an die Kanalmauer, wie’s nur geht. Kollege Thomas Endrich steht draußen, hilft Andreas Hartl von der Wasserschutzpolizei an Bord. „Ich muss mir einen Überblick verschaffen“, erklärt der Polizist (33). Ein Ölteppich treibt auf dem Kanal – aufmerksam lässt Hartl den Blick übers Wasser schweifen.

Im Hafen Fürth geht der Beamte wieder von Bord. „Nun muss ermittelt werden, wer für die Verunreinigung verantwortlich ist.“ Hat ein Schiff Öl verloren oder wurde etwa ein Motorrad in den Kanal geworfen? „Hat’s alles schon gegeben“, weiß Hergenröther. „Einmal haben Jugendliche nachts einen Bus geklaut und später im Kanal ,entsorgt’ – am Morgen hat nur noch das Heck aus dem Eis geschaut.“

Mit ihrem „spitzen Kopf“ aus dickem Stahl bricht die Angermünde – einer von fünf Eisbrechern, die im Nürnberger Zuständigkeitsbereich für freie Fahrt im Kanal sorgen – weiter durch die Schollen. „Der spitze Kopf ist das ,Erfolgsgeheimnis’“, erklärt der Kapitän. „Normale Binnenschiffe haben einen stumpfen Kopf – schieben auf breiter Front das Eis vor sich her.“ Vor allem an Schleusen kann das den Schiffen zum Verhängnis werden: Das Eis staut sich vor ihnen auf, die Schleuse kann nicht befahren werden.

Wie auf Kommando knarzt das Funkgerät wieder: „Schleuse Kriegenbrunn an Angermünde: Ein Schubverband steckt fest. Könnt ihr kommen?“ Kapitän Hergenröther ist schon unterwegs. Das Schiff befreien muss allerdings ein anderer – es ist 13 Uhr: Hergenröther hat Feierabend – morgen früh geht’s wieder auf arktische Mission im Kanal. kes

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.