Ist der Täter schuldunfähig?

Laut Gutachten ist der 25-Jährige schizophren. Gleich am ersten Prozesstag verweigert er die Aussage
Verena Lehner |
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Laut Gutachten ist der 25-Jährige schizophren. Am ersten Prozesstag verweigert er die Aussage.

Ein 61-jähriger Rentner wird vergangenes Jahr tot in seiner Wohnung in Traunreut gefunden. Er ist übel zugerichtet, von Messerstichen übersät. Die Obduktion ergibt, dass er vor seinem Tod noch brutal zusammengeschlagen worden war. Seit gestern steht der Mann vor Gericht, der für diese Bluttat verantwortlich sein soll. Der 25-Jährige aus Niedersachsen leidet laut einem Gutachten an Schizophrenie. Ob er überhaupt schuldfähig ist, ist daher fraglich.

Der erste Verhandlungstag: Noch bevor gestern der erste Prozesstag über die Bühne ging, wurde bereits bekannt, dass die Staatsanwaltschaft keine Anklage erheben wird, sondern eine Unterbringung des jungen Mannes wegen Mordes und Gefährdung der Allgemeinheit in einer Nervenklinik fordern wird. Der 25-Jährige selbst verweigerte gestern seine Aussage. Die Begründung: Er sei zu spät darüber belehrt worden, dass er von den Ermittlern nicht mehr als Zeuge, sondern als Beschuldiger vernommen wird. Zudem hätten die Verhöre mit bis zu knapp zehn Stunden deutlich zu lange gedauert. Seine Bitten um Abbruch der Vernehmung seien abgelehnt worden. Die Staatsanwaltschaft will sich schriftlich zu dem Antrag äußern.

Die Tat: Der Fall des ermordeten Rentners hatte für großes Aufsehen gesorgt, nicht nur in der oberbayerischen Stadt. Der 61-Jährige war am 17. Mai vergangenen Jahres schwer misshandelt und tot in seinem Appartement am Traunreuter Sankt-Georgs-Platz aufgefunden worden war. Eine Nachbarin hatte die Polizei gerufen, weil sie den 61-Jährigen seit Tagen nicht mehr gesehen hatte. Der Traunreuter war in der Stadt bekannt, weil er als Flaschensammler unterwegs war. Dass er plötzlich tagelang nicht mehr zu sehen war, war ungewöhnlich.

Wie Zeugen damals berichteten, war im Gang des Wohnblocks schon Leichengeruch wahrnehmbar. Die ersten Tage nach der Bluttat hatte diesen Geruch unter anderem noch Kaffeepulver überdeckt, das der Täter nach der Ermordung des Rentners in der Wohnung verstreut haben soll. Den Polizisten hatte sich damals im Appartement des 61-Jährigen ein schockierendes Bild geboten.

Die Fahndung: Eine 14-köpfige Ermittlungsgruppe namens „Georg“ (wegen des Tatortes am Sankt-Georgs-Platz) hatte wochenlang Spuren gesichert und nach dem Täter gesucht. Schließlich waren 5000 Euro Belohnung ausgesetzt und sogar ein Foto des mutmaßlichen Täters veröffentlicht worden. Verdächtig hat sich der nun angeklagte Arbeitslose gemacht, da er kurz nach der Tat aus Traunreut verschwunden war. Die Polizei spürte ihn schließlich in seiner niedersächsischen Heimat auf und nahm ihn fest. Seit September ist er in der Psychiatrie. Für den Prozess sind neun Verhandlungstage vorgesehen. Es handelt sich um eine Antragsschrift in einem sogenannten Sicherungsverfahren nach Paragraf 413 der Strafprozessordnung. Sie sieht vor, den schuldunfähigen Täter nicht ins Gefängnis, sondern in die geschlossene Abteilung einer psychiatrischen Klinik zu bringen. Das Urteil soll Anfang Juni verkündet werden.

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