Irrer Prozess um diesen Klebstreifen

Ein Nürnberger zog gegen den Hersteller von „Tesamoll“ vor Gericht: Er soll vor den Gefahren seines beliebten Produktes warnen
NÜRNBERG Wer oder was ist hier nicht ganz dicht? Mit einer auf den ersten Blick wahnwitzigen Klage zog Stefan Kemmelmeier (36) vor Gericht. Im Januar erlitt der Nürnberger in seiner Wohnung eine schwere Kohlenmonoxidvergiftung, nachdem er seine Fenster abgedichtet hatte. Er lag einen Tag im Koma, hat heute noch gesundheitliche Probleme! Die Schuld daran gab er dem Klebestreifenhersteller Tesa – und forderte 12.000 Euro Schadenersatz. Am Freitag schmetterte das Nürnberger Zivilgericht die Klage ab. Doch Kemmelmeier will weiterkämpfen – um sein Recht und das aller Verbraucher.
"Wie hätte ich von dieser Gefahr wissen sollen?"
Fugendichte Fenster und Verbrennungsöfen – diese Kombination kann tödlich enden. Seit Januar muss deshalb jeder, der einen Ofen im Haus hat und nachträglich Fenster abdichten will, einen Kaminkehrer ins Haus holen.
„Alles schön und gut“, sagt Kemmelmeier: „Aber wie hätte ich als Laie von dieser Gefahr oder gar von der gesetzlichen Regelung wissen sollen?“ In seinen Augen hätte Tesa als Hersteller die Pflicht gehabt, ihn als Kunden zu warnen und zu informieren. Auf der Packung von „Tesamoll“ aber suche man vergeblich den seiner Meinung nach notwendigen Warnhinweis.
"Da macht es sich der Richter zu leicht"
Das Gericht sah das anders und befand, dass dieses Wissen zum allgemeinen Erfahrungsschatz gehöre.
„Da macht es sich der Richter zu leicht“, findet Kemmelmeiers Anwalt Thomas Dolmany: „Der Normalbürger kann diese Dinge nicht zwangsläufig wissen.“
Einen Teilsieg könnte Kemmelmeier inzwischen für sich verbuchen: Wie Tesa-Sprecher Reinhart Martin der AZ bestätigte, druckt Tesa jetzt tatsächlich, wie gefordert, entsprechende Warnhinweise auf seine Tesamoll-Packungen. Reinhart: „Wie das heutige Urteil bestätigt hat, sind wir dazu nicht verpflichtet. Wenn wir dadurch aber unseren Kunden helfen, ist das ganz in unserem Sinne.“
Stefan Kemmelmeier aber ist noch nicht zufrieden. Er will in Berufung gehen.
mp