Infektiologe Zeuge in Bayern-Ei-Prozess
Regensburg (dpa/lby) - Ein 94 Jahre alter Mann bezieht Essen auf Rädern, wird krank und in eine Klinik gebracht. Ärzte stellen eine Salmonelleninfektion fest. Einige Wochen später wird der Senior als geheilt entlassen - und kurz darauf erneut in ein Krankenhaus gebracht, wo er nach wenigen Tagen stirbt.
Den Ermittlungen der Regensburger Staatsanwaltschaft nach war das Essen des Mannes mit salmonellenverseuchten Eiern der niederbayerischen Firma Bayern-Ei kontaminiert. Deren Ex-Geschäftsführer muss sich seit sechs Wochen vor dem Landgericht der oberpfälzischen Stadt verantworten. Ein Infektiologe der Uniklinik Köln sollte nun klären, ob der Tod des Mannes tatsächlich auf die Salmonelleninfektion zurückzuführen ist.
Die Frage, ob die Infektion des 94-jährigen Österreichers tatsächlich auf salmonellenbelastete Eier der Firma Bayern-Ei zurückzuführen sei, stehe zwar im Hintergrund, sei aber nicht Gegenstand des Gutachtens gewesen, stellte der Vorsitzende Richter Michael Hammer am Dienstag klar.
Eine der zu klärenden Fragen ist zudem, ob die zweite Infektion des Mannes auf die erste kurz zuvor zurückzuführen ist oder ob es sich um eine Neuinfektion handelte. Dann könnte zwar die erste Infektion durch die Bayern-Ei-Eier im Essen auf Rädern ausgelöst worden sein, die zweite Infektion - nach der der Senior starb - jedoch eine andere Ursache haben.
Die Aussage des Sachverständigen, ein Experte für Infektiologie, machte vor allem deutlich, wie kompliziert der Fall ist. Der Fachmann sagte, der Tod des Seniors sei "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch die erste Infektion mitverursacht worden".
Er führte aber auch aus, welche Probleme zu berücksichtigen seien. So sei der 94-Jährige als geheilt entlassen worden, obwohl er nach wie vor erhöhte Entzündungswerte hatte. Der Mann sei nach dem mehrwöchigen Klinikaufenthalt geschwächt gewesen, habe zudem Antibiotika wegen einer Harnwegsinfektion erhalten. Dass der Mann bei seiner zweiten Einlieferung ins Krankenhaus keinen Durchfall hatte, lasse darauf schließen, dass es sich nicht um eine Neuinfektion gehandelt habe. Durchfall sei ein Zeichen für eine Neuinfektion.
Letztlich machte die Aussage des Sachverständigen klar, dass es sich um Wahrscheinlichkeiten handele und ein definitiver Nachweis nicht zu führen sei. Zumal der Leichnam des 94-Jährigen nicht obduziert worden sei. Eine solche Untersuchung hätte weitere Hinweise liefern können.
Dass es keine Obduktion gab, bedauerte auch der zweite als Zeuge geladene Gutachter. Möglicherweise hätte sich daraus eine ganz andere Todesursache ergeben, sagte der Münchner Rechtsmediziner. Dass die zweite Infektion aus der ersten resultierte, lasse sich ebenso wenig ausschließen, wie dass es sich bei der zweiten um eine Neuinfektion handelte. Ein schwerer Krankheitsverlauf wie im Falle des 94-jährigen Österreichers sei jedenfalls sehr ungewöhnlich. "Wie haben es hier mit etwas extrem Seltenen zu tun."
Der ehemalige Bayern-Ei-Chef muss sich fünf Jahre nach dem Salmonellen-Skandal unter anderem wegen Körperverletzung mit Todesfolge, gewerbsmäßigen Betrugs sowie lebensmittel- und tierschutzrechtlichen Verstößen verantworten. Sein Verteidiger Ulrich Ziegert weist die Vorwürfe gegen seinen Mandanten zurück.
Aus Sicht der Ermittler hat der Angeklagte im Jahr 2014 als Chef des Legehennen-Mastbetriebs in Aiterhofen (Landkreis Straubing-Bogen) die Auslieferung von Eiern mit der Kennzeichnung Güteklasse A veranlasst, obwohl in den Produktionsstätten Salmonellen nachgewiesen worden waren. Zwischen Juni und Oktober 2014 sollen mehr als 180 Konsumenten aus Deutschland, Österreich und Frankreich an Salmonellen erkrankt sein, 40 der Fälle kamen zur Anklage. Ein 94-Jähriger starb.
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