In U-Haft: Ex-Chef von Klinikum begeht Selbstmord
Ingolstadt - Ein ehemaliger Chef des Klinikums Ingolstadt hat sich wenige Wochen nach Erhebung einer Anklage wegen Untreue umgebracht. Der Ex-Geschäftsführer der Krankenhauses habe sich am Mittwoch in der Justizvollzugsanstalt Gablingen bei Augsburg erhängt, sagte eine Sprecherin des Ingolstädter Landgerichtes am Donnerstag. Zunächst hatten der Bayerische Rundfunk und der "Donaukurier" darüber berichtet.
Die Staatsanwaltschaft hatte Anfang November mitgeteilt, dass sie gegen den früheren Klinikchef Anklage wegen Untreue in 99 Fällen erhoben habe. Zudem wurden ihm Vorteilsannahme und Bestechlichkeit vorgeworfen. Dem Klinikum soll dadurch ein Schaden in Millionenhöhe entstanden sein. Das Landgericht war in den vergangenen Wochen damit beschäftigt, die Anklage zu prüfen und dann gegebenenfalls einen Prozesstermin festzulegen.
Staatsanwaltschaft warf dem Toten Vetternwirtschaft vor
Die Staatsanwaltschaft hatte dem 63-Jährigen in der Korruptionsaffäre unter anderem Vetternwirtschaft vorgeworfen. So sollen Verwandte von ihm über Fremdfirmen überteuert für das Klinikum tätig gewesen sein, er selbst soll von einer Steuerberatungsgesellschaft kostenfrei betreut worden sein als Gegenleistung für Aufträge des Klinikums.
Der Anwalt des früheren Geschäftsführers hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Der Rechtsanwalt erklärte bei der Anklageerhebung, dass "die Auffassungen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung über die tatsächlichen Geschehnisse und deren rechtliche Bewertung erheblich voneinander abweichen". Der Anwalt kritisierte es auch als nicht angemessen, dass sein Mandant seit April 2017 in Untersuchungshaft war.
Ob der Korruptionsskandal nun noch juristisch aufgearbeitet wird, ist noch offen. Die Staatsanwaltschaft hatte im November erklärt, dass die Ermittlungen gegen weitere Beschuldigte andauerten. Das Verfahren gegen den ehemaligen Geschäftsführer habe wegen dessen Inhaftierung Vorrang gehabt.
Im Jahr 2016 waren die Ermittlungen von einem Klinik-Ombudsmann, der die Einhaltung der Richtlinien des Kommunalunternehmens überwacht, angestoßen worden. Das Ingolstädter Klinikum ist mit mehr als 1.100 Betten und mehr als 3.000 Mitarbeitern nach eigenen Angaben das viertgrößte Krankenhaus in Bayern.
Anmerkung der Redaktion: In der Regel berichtet die AZ nicht über Selbsttötungen – es sei denn, die Tat erfährt durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit.
Suizidgedanken sind häufig eine Folge psychischer Erkrankungen. Letztere können mit professioneller Hilfe gelindert und geheilt werden. Wer Hilfe sucht, auch als Angehöriger, findet sie bei der Telefonseelsorge: 0800–111 0 111 und 0800–111 0 222. Die Berater sind rund um die Uhr erreichbar, jeder Anruf ist kostenlos.