Immer mehr Spielhallen! So verzockt die Stadt ihr Flair
Die Daddel-Stuben schießen derzeit nur so aus dem Boden. Doch die Behörden können meist nichts dagegen tun. Nicht nur Suchtberater sind alarmiert
Es ist ein Eindruck, der leider nicht trügt: Schließt in der Stadt ein Geschäft, findet sich dort wenig später eine Spielhalle! Auffallend ist es besonders rund um den Plärrer, in der Südstadt, Gostenhof, St. Leonhard und Schweinau. Hier verzockt die Stadt immer mehr ihr Flair...
„Die Ansiedlung der Spielhallen einzugrenzen, gelingt uns leider nicht immer. Siedeln sich die Hallen in einem Gebiet an, in dem nur ausnahmsweise gewohnt werden darf, können wir sie nicht ablehnen. Sie sind dort bau- und nutzungsrechtlich zulässig“, erklärt Josef Weber, Leiter des Stadtplanungsamtes.
Dass man inzwischen an fast jeder Ecke daddeln kann, belegen auch Zahlen: Derzeit (Stand: Ende 2010) gibt es an 95 Standorten in der Stadt 136 Spielhallen. Zum Vergleich: 2002 waren es nur knapp 90. Kurt Gref vom Jugendamt hat eine weitere, alarmierende Zahl parat: „Von 2006 auf 2010 hat die Zahl der Geldspielgeräte in der Stadt von 881 auf 1058 zugenommen. Das ist eine Steigerung um 20 Prozent!“
Der Jahresumsatz in Bayern liegt bei rund 300 Millionen Euro
Kein Wunder: 2006 erleichterte der Gesetzgeber die Aufstellung solcher Automaten. Statt zwei dürfen jetzt drei Geräte in Gaststätten stehen, in Spielhallen sogar zwölf. Das bekommen auch die Suchtberatungsstellen in der Stadt zu spüren. Etwa 80 Prozent der Hilfesuchenden dort haben Probleme mit Spielgeräten. Daher ist die massive Ausbreitung der Spielhallen auch Georg Hopfengärtner, dem Suchtbeauftragten der Stadt, ein Dorn im Auge: „Nicht nur wegen des hohen Suchtpotentials, auch wegen des Risikos der Armutsentwicklung. Die Menschen spielen sich arm“, weiß er zu berichten.
Auch im Rathaus ist das traurige Phänomen bekannt. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Sebastian Bach: „Unsere Recherchen haben ergeben, dass die Handlungsmöglichkeiten der Stadt leider sehr begrenzt sind. Da bleibt vorerst nur eines: An die Vermieter zu appellieren, nicht an die Spielhallen-Betreiber zu vermieten.“ Genau hier jedoch, so Bach, liegt die Krux: „Da die Spielhallen wohl recht gut laufen, sind sie bedauerlicherweise auch gute Mieter.“ Allein in Bayern liegt der Jahresgesamtumsatz bei rund 300 Millionen Euro!
Kathrin Esberger
Die Mutter eines Spielsüchtigen erzählt ihre tragische Geschichte in der Print-Ausgabe Ihrer AZ am Freitag, 14.1.
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