Im Knoblauchsland wachsen jetzt sogar schon Südfrüchte

Landwirte können über den Klimawandel nicht klagen: Mit der Temperatur steigt auch der Ertrag – aber auch der Wasserverbrauch. Die moderne Bauernregel: „Was der Kunde will, bauen wir an.“
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1,8 Millionen Kubikmeter künstlicher Regen: Der Wasserverbrauch im Knoblauchsland hat sich in den letzten 20 Jahren beinahe verdoppelt.
Berny Meyer 1,8 Millionen Kubikmeter künstlicher Regen: Der Wasserverbrauch im Knoblauchsland hat sich in den letzten 20 Jahren beinahe verdoppelt.

NÜRNBERG - Landwirte können über den Klimawandel nicht klagen: Mit der Temperatur steigt auch der Ertrag – aber auch der Wasserverbrauch. Die moderne Bauernregel: „Was der Kunde will, bauen wir an.“

Die ganze Welt redet vom Klimawandel: Die Atmosphäre erwärmt sich, das Polar-Eis schmilzt, die Meere steigen an, Wasser wird knapper, Pflanzen und Tiere sterben aus. Doch was richtete der Klimawandel in unserer Region an? Wie sieht Franken 2030 aus? Wo sehen Menschen, die in und mit der Natur in Mittelfranken leben, Anzeichen für einen Wandel? Wir haben diese Experten gefragt. Heute: Gerhard Völkel (59), Kreisobmann beim Bauernverband Nürnberg und Bauer im Knoblauchsland.

„Wir Bauern bemerken den Klimawandel – und können uns nicht über ihn beschweren. Denn dadurch verlängert sich die Saison. Die höheren Temperaturen machen sich im Frühjahr und Herbst bemerkbar. Die Fröste gehen seit 20 Jahren zurück – sie sind wesentlich später im Herbst, im Frühjahr können wir früher mit dem Pflanzen anfangen.“

Und das sei positiv für die Landwirtschaft, denn damit steigen die Erträge. „Das Angebot mit regionalen Gemüsen wird über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten.“ Nachteile für den Boden sieht er dabei nicht. „Der laugt nicht aus. Wir säen im Winter, wenn die Ernte eingebracht ist, meistens Roggen oder Getreide aus. Im Frühjahr werden die 30 bis 40 Zentimeter hohen Pflanzen untergepflügt, neuer Humus kann entstehen. Und dadurch wird im Frühjahr auch weniger Nitrat aus dem Boden gewaschen, weil er durch die Unterpflügung gebunden ist.“

Problem: Der Wasserbedarf

Unheimliches sehen die Bauern in der Klimaveränderung allerdings nicht. „Man muss das langfristig sehen. Auch bei uns herrschten ja einst einmal tropische Temperaturen, es hat immer wieder warme Zeiten gegeben. Da kann man sich innerhalb von 30 bis 40 Jahren noch kein Bild machen.“ Sicherlich, räumt Völkel ein, die CO2-Belastung sei ein anderes Thema.

Nachteilig wirkt sich der Klimawandel bei allen Bauern auf den Wasserbedarf aus. Völkel: „Ich habe 20 Hektar, baue dort Salat, Kohlrabi, Blumenkohl, Lauch, Karotten und Sellerie an. Ich merke natürlich, dass ich mehr Wasser brauche.“ Vor etwa 20 Jahren wurden im Knoblauchsland insgesamt 500 Hektar bepflanzt, heute nutzen die Bauern 700 Hektar. Damals verbrauchten die Bauern eine Million Kubikmeter Wasser, heute sind es laut Völkel 1,8 Millionen Kubikmeter im Jahr. „Aber man darf nicht vergessen, dass die Flächen auch intensiver bearbeitet werden als früher.“ Und hier kommt wieder der Klimawandel ins Spiel: „Früher haben wir im April im Freiland angefangen, jetzt setzen wir die ersten Pflanzen schon Anfang März. Früher war der Boden am Buß- und Bettag Mitte November schon ganz hart gefroren. Heute haben wir bis Weihnachten kaum stärkere Frostperioden.“

Die Bauern also scheinen vom Klimawandel zu profitieren. Und nicht nur sie: Wenn mehr geerntet wird, boomt das Knoblauchsland, auch was Arbeitsplätze angeht. Und dank der wärmeren Temperaturen kann das Knoblauchsland dem Verbraucher auch echte Exoten aus heimischer Zucht anbieten: Melonen zum Beispiel oder Auberginen.

Dem gegenüber steht allerdings noch immer die Unvernunft vieler Verbraucher: Statt im Winter auf Saison-Gemüse wie Kohl zu setzen, will kaum einer auf seine Sommerfrucht Tomate oder die Gurke verzichten. Doch die müssen mit hohem Energieaufwand tellertauglich in Gewächshäusern reifen – und schmecken doch bei aller Liebe zur Aufzucht wässrig. Doch erziehen können die Bauern die Konsumenten nicht – umgekehrt entspricht es des Wahrheit: Was der Kunde will, baut der Bauern an. Susanne Will

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