„Ich bleib’ schon am Boden“
NÜRNBERG - Der gebürtige Franke Thomas Klupp liest beim Nürnberger „WortWärts“-Festival und beim Erlanger Poetenfest aus seinen Debütroman „Paradiso“.
Sein Roman-Held Alex ist ein Unsympath. Autor Thomas Klupp hingegen erscheint im Gespräch ziemlich freundlich. Der 1977 in Erlangen geborene hat seine Jugend in Weiden in der Oberpfalz verbracht, wo auch Teile seines Debüts „Paradiso“ spielen. Daraus wird er beim Nürnberger „WortWärts“-Festival (siehe Info unten) sowie beim Erlanger Poetenfest (29.8., 18.30 Uhr) lesen.
AZ: Herr Klupp, Sie haben Weiden auf die literarische Landkarte gesetzt. Hat Ihnen die Stadt schon die Ehrenbürgerschaft angetragen?
THOMAS KLUPP (lacht): Nein, noch nicht. Sie dürften auch ambivalente Gefühle haben. Insgesamt wird das Buch aber positiv aufgenommen.
Haben Sie in Weiden gelesen?
Ja. Das war spannend, weil die Leute auf eine ganz andere Art zuhören als anderswo.
Musste irgendjemand Angst haben, sich im Buch wiederzuerkennen?
Ich bin kein Fabulierer, der seine Geschichten wild aus der Luft greift. Es gibt Figuren, die aus verschiedenen Personen zusammengesetzt sind. Aber ich habe bislang noch von niemandem gehört, der gesagt hätte: Das bin doch ich!
War’s befreiend, mal so richtig den Unsympathen raushängen zu lassen?
Würde ich schon denken. Dass Alex so zerstörerisch wird, war eine Eigenbewegung. Am Anfang dachte ich: Jetzt schreibst du mal über einen Mitläufer und Opportunisten, und dann wurde er gefährlicher. Das hat schon Freude gemacht: Da konnte man dem Typen ein paar Sachen in den Mund legen, die man selber manchmal im Ansatz denkt, sich aber zu denken verbietet.
Sind Sie selbst manchmal neidisch, schadenfroh, feige?
Sicher: Wer das nicht kennt, dem trau’ ich nicht. Den reinen Gutmenschen kann ich mir nicht vorstellen. Da nimmt Alex schon eine zugespitzte Gegenposition ein, die dem Autor bis zu einem gewissen Grad bekannt ist.
Sie sind in Erlangen geboren, haben bis zum siebten Lebensjahr in Großgründlach gelebt. Wie ist es, nun zu Lesungen wieder hierher zu kommen?
Schön. Ich habe kaum noch soziale Anbindungen. Aber allein der Sprachgestus, mein fränkisches R, stammt von da, und deswegen gibt’s durchaus einen Rest-Heimat-Moment.
Sie unterrichten in Hildesheim Gegenwartsliteratur und Schreibpraxis. Reizt es da nicht sehr, aufs eigene Werk zu verweisen?
Ja, aber die Leute kriegen ohnehin mit, dass ich ein Buch geschrieben habe, und wenn ich darauf hinweisen würde, würd’s dubios. Aber es kommt vor, dass ein Student sagt: Mit dem Alex kann ich mich voll identifizieren. Oder: Was hast Du denn da für einen krassen Typen in die Welt geschickt?
Die Kritiken, gerade die der großen Feuilletons, sind überwiegend positiv. Verführt das zum Abheben?
Nein. Ich habe zuvor zwei Sachen für die Schublade geschrieben. Der Passionsweg zum ersten Buch verlief also über sechs Jahre — ich weiß, was da für Arbeit drinsteckt und was Scheitern bedeutet. Deshalb habe ich mich wahnsinnig über die positiven Kritiken Freude, weiß aber auch, dass es zum nächsten Buch wieder ein langer Weg wird. Wenn ich drei gute Bücher geschrieben habe, kann das vielleicht passieren. Aber jetzt, nach dem ersten? Da bleib’ ich schon am Boden. Interview: Georg Kasch
Wo fränkische Autoren diskutieren und lesen
Lauter fränkische Prominenz beim „WortWärts“-Literaturfest: Am 15. August diskutieren u.a. die Krimi-Autoren Veit Bronnenmeyer und Stefan Fröhling zum Thema „Schöner Morden in der Heimat?“ im Polizeipräsidium Mittelfranken (Eingang Schlotfegergasse). Am 16. August lesen im KUNO-Garten (Wurzelbauerstr. 29) ab 14 Uhr neben Thomas Klupp (17 Uhr) Inge Obermayer (16 Uhr), Petra Nacke und Elmar Tannert (17.50 Uhr), Gerhard Falkner (18.35 Uhr) und AZ-Kolumnist Matthias Egersdörfer (19.20 Uhr).
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