„Ich bin noch am Lernen“

Am 23. April hat am Stadttheater Fürth Ewald Arenz’ erste Komödie „Die Odaliske“ Premiere. Ein Interview mit dem fränkischen Erfolgsautor.
von  Abendzeitung
Fast so lasziv wie eine „Haremssklavin“: Roman- und neuerdings Komödienautor Ewald Arenz auf der roten Stretch-Couch im Foyer des Fürther Stadttheaters.
Fast so lasziv wie eine „Haremssklavin“: Roman- und neuerdings Komödienautor Ewald Arenz auf der roten Stretch-Couch im Foyer des Fürther Stadttheaters. © Berny Meyer

NÜRNBERG - Am 23. April hat am Stadttheater Fürth Ewald Arenz’ erste Komödie „Die Odaliske“ Premiere. Ein Interview mit dem fränkischen Erfolgsautor.

Sie war eine erotische Projektionsfläche des 19. Jahrhunderts, die nackt von den Leinwänden lockende Odaliske (Haremssklavin). Jean-Auguste-Dominique Ingres’ berühmte Version inspirierte den Fürther Autor Ewald Arenz zu seiner ersten Komödie: Zum Ehekrach um die Odaliske, die plötzlich leibhaftig im Wohnzimmer liegt und dem Hausherren schöne Augen macht, kommt der Besuch der Tochter mit ihrem neuen Freund, der sich als sittenstrenger, wiedererweckter Christ entpuppt... Nach der Wirtschaftswunderrevue „Petticoat & Schickedance“ (Wiederaufnahme im Juni; es gibt noch Karten) ist „Die Odaliske“ Arenz’ zweites Auftragswerk des Stadttheaters Fürth. Am 23. April (19.30 Uhr) ist Premiere.

AZ: Herr Arenz, vom Romanautor zum spätberufenen Dramatiker — ist das eine zwangsläufige Entwicklung?

EWALD ARENZ: Der Fachwechsel ist die Schuld des Fürther Intendanten, der mich fragte, ob ich ein Stück schreiben würde. In meinen Romanen spielen Dialoge ohnehin eine wichtige Rolle, da fiel der Übergang nicht so schwer. Aber ich warne: Ich bin noch am Lernen.

Wie gehen Sie mit den anderen Arbeitsbedingungen am Theater um?

Bei Steffen Senger weiß ich das Stück in guten Händen, er versteht meine Doppeldeutigkeiten, weiß, wo ich hin will. Aber es bleibt schwierig: Ein Roman-Manuskript gebe ich dem Lektorat und beginne danach die große Überarbeitung. Wenn ich ein Stück bei der Generalprobe zum ersten Mal ganz sehe, lässt sich nichts mehr ändern. Das ist bereits das Produkt des Regisseurs und der Schauspieler.

Ist die Arbeit an einer Revue wie „Petticoat & Schickedance“ mit dem Schreiben einer Komödie vergleichbar?

Im Vorfeld: ja. Man sitzt an seinem Schreibtisch und schreibt. Aber die Dialoge der „Odaliske“ waren eine ganz andere Herausforderung. Da müssen Tempo und Witz stimmen. Mein Bruder und mein Schwager sind Schauspieler, mit denen habe ich ausprobiert, ob’s funktioniert.

Warum ausgerechnet Ingres’ „Odaliske“ als Katalysator der erotischen Wünsche?

Ich habe in Berlin die Grisaille-Studie des Bildes gesehen. Als ich dann das Stück entwickelte, stand die Ausgangssituation, das Paar mit Eheproblemen, fest. Als das zündende Moment fehlte, das alles ins Rollen bringt, meinte meine Frau: Lass doch jemand aus dem Bild steigen! Da habe ich mich wieder an die „Odaliske“ erinnert.

Ist das Thema Kunst für eine Komödie seit Yasmina Reza nicht abgegrast?

Ich finde Rezas „Kunst“ toll. Aber in der „Odaliske“ geht es nicht ums Verhältnis der Figuren zur Kunst, sondern zueinander. Die Beziehungen geraten durch die Odaliske in Unordnung. Eine klassische Beziehungskomödie also, auch wenn der Zufall, der den Ball ins Rollen bringt, natürlich überspitzt ist.

Dass Figuren ihren Bildern entsteigen und zum realen Problem werden, klingt eher nach absurdem Theater.

Wenn das Stück ein Roman wäre, würde man wohl von magischem Realismus sprechen. Das Absurde ist, dass der Einbruch der Odaliske in die Realität pragmatisch hingenommen wird. Da stehen plötzlich die Folgeprobleme im Vordergrund: Braucht die Odaliske einen Pass? Droht ihr die Abschiebung? Eine klassische Komödiensituation also: Jemand ist im Raum, der versteckt werden muss.

Das Stück endet in heiterem Chaos. Drücken Sie sich damit nicht um eine Haltung?

Ursprünglich hatte ich ein geschlossenes Ende geschrieben, das aber niemandem gefiel und dem Stück die Leichtigkeit genommen hätte. Nun führt der Schluss die Erzählstränge zusammen; die Situation am Ende ist anders als zu Beginn. Aber der Zuschauer soll sich vorstellen können, was morgen passiert. Beziehungen sind schließlich unendliche Geschichten. Auch für eine Ehekrise gilt: Happy Ends halten immer nur bis zum nächsten Streit. Interview: Georg Kasch

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