Hüttenwirte und Corona: "Ein Wahnsinnsaufwand"
München - Manchmal", sagt Monika Becht, "ist es vielleicht ganz gut, dass wir einen Mund-Nasen-Schutz tragen - dann sieht keiner, dass wir uns mal wieder den Mund fusselig geredet haben."
Becht ist Wirtin der Priener Hütte am Geigelstein in den Chiemgauer Alpen und blickt an einem sonnigen September-Tag zurück auf den Corona-Sommer 2020 mit all seinen Hygiene- und Abstandsregeln.
"Es gab viel zu reden", sagt sie. Denn nicht jeder Gast habe sofort akzeptiert, dass er auch auf einer Berghütte Maske tragen, Abstand halten, auf eine Platzierung warten und der Einbahnstraßen-Markierung durch die Innenräume folgen müsse.
Um das alles zu managen, sei es notwendig gewesen, das Hütten-Team um eine Person zu verstärken, erzählt Becht. All das sei ein "Wahnsinnsaufwand". Eine Erfahrung, die laut Deutschem Alpen Verein (DAV) etliche Hüttenwirte heuer gemacht haben.
Verstoß gegen Corona-Auflagen: Hütten drohen hohe Bußgelder
Neben dem großen Aufwand, den die Einhaltung der Schutzmaßnahmen mit sich bringt, plagt die Hütten-Betreiber vor allem eins: dass sie hinsichtlich der Unterbringung ihrer Gäste in Zeiten der Pandemie mit Hotels im Tal gleichgestellt werden. Das bedeutet: Auch wenn ein Matratzenlager auf 50 Personen ausgelegt ist, dürfen dort nur zehn Menschen oder zwei Hausstände schlafen - wenn sie zu einer Gruppe gehören.
Für die Priener Hütte mit ihren 14 Zimmern und Lagern bedeutet das: Anstelle von vorher 100 Gästen können dort wegen der Hygiene-Regeln nur 55 untergebracht werden. Bei den Übernachtungen verzeichnet die Hütte daher einen Einbruch von 60 Prozent.

Zu schummeln wäre gefährlich: Hüttenwirten, die gegen die Auflagen verstoßen, droht ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro.
Einige der 67 Alpenvereins-Hütten in Bayern hätten von den Einnahmen durch Tagestouristen profitiert, sagt Miriam Roth vom DAV-Ressort Hütten und Wege.
Weil viele Menschen Urlaub im Freistaat gemacht haben, sei der Umsatz in diesem Bereich mancherorts besser als im Vorjahr. Bei den Übernachtungen gebe es aber auch Hütten mit Einnahme-Einbrüchen von 100 Prozent. So habe etwa das Soiernhaus im Karwendel seine beiden Matratzenlager komplett schließen müssen.
Zudem traf es die Hochlandhütte bei Mittenwald, in Corona-freien Zeiten vor allem Anlaufpunkt für Tagungen und Klassenfahrten.
Ein Problem dabei: Während das Geld, das mit Speisen und Getränken verdient wird, an die Hüttenwirte geht, verdient der DAV an den Übernachtungen. "Das fehlt dann bei Investitionen und Instandhaltungen", sagt Miriam Roth. Der Verein hat deshalb das Wirtschafts- sowie das Gesundheitsministerium um finanzielle Hilfe gebeten.

Außerdem fordert er Lockerungen, die an die Gegebenheiten auf Berghütten angepasst sind. In Österreich etwa sei es möglich, Matratzenlager durch Stellwände zu unterteilen - und dadurch mehr Menschen unterzubringen. In Bayern seien solche "Kuschelkojen" bislang jedoch nicht erlaubt.
Während die Gespräche mit den Ministerien noch laufen, denkt die Wirtin der Priener Hütte bereits über die kalte Jahreszeit nach. "Ich kann mir den Winter im Moment nicht vorstellen", sagt Monika Becht. "Was machen wir denn, wenn alle unsere 14 Tische besetzt sind? Im Vorraum können sich wegen der Abstandsregelungen nur wenige Menschen aufhalten. Und die anderen? Die muss ich dann wieder hinaus in die Kälte schicken."
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