Höllenlärm im Pflegeheim

Der Umbau macht 100 Bewohnern das Leben schwer. Trotz riesiger Baustelle läuft der Betrieb im Pflegezentrum in Hohenbrunn weiter - die Leitung empfiehlt Ohropax
von  Abendzeitung
Er führt das Lärmprotokoll: Seit Sommer lebt Peter Ibler im Pflegezentrum in Hohenbrunn im Baulärm.
Er führt das Lärmprotokoll: Seit Sommer lebt Peter Ibler im Pflegezentrum in Hohenbrunn im Baulärm. © Mike Schmalz

HOHENBRUNN - Der Umbau macht 100 Bewohnern das Leben schwer. Trotz riesiger Baustelle läuft der Betrieb im Pflegezentrum in Hohenbrunn weiter - die Leitung empfiehlt Ohropax

Bohren, Hämmern, Schleifen, Sägen – seit August führt Peter Ibler ein Lärmprotokoll. Der 52 Jahre alte Arzt leidet an Multipler Sklerose, er lebt in einem Seniorenwohn- und Pflegezentrum im Hohenbrunner Ortsteil Riemerling. Und das ist seit dem Sommer eine riesige Baustelle. Umfangreiche Umbau- und Sanierungsarbeiten sind im „Lore-Malsch-Haus“ im Gange – der Heim-Betrieb läuft derweil weiter.

„Der Lärm ist eine äußerste Belastung“, klagt Peter Ibler. Da werden Rohrleitungen ausgetauscht, gleich neben den Appartements. Das Gebäude wird aufgestockt, ein Teil des Dachs wurde entfernt. Im Keller wurden Stützpfeiler eingesetzt. Und das alles, während alte, kranke und bettlägrige Heimbewohner im selben Gebäude leben. Etwa 100 Menschen sind betroffen. „Auf Anregung des Heimbeirats werden am Empfang sowohl Ohropax als auch Hörschutz-Kopfhörer für die Bewohner bereit stehen“, heißt es in einem Schreiben der Geschäftsbereichsleitung vom September.

Als Entschädigung wurden nur mickrige 46 Euro angeboten

Was Heimbeirat Ibler besonders aufregt: Zwei seiner Nachbarn lagen im Sterben, als ganz in der Nähe an den Rohrleitungen gearbeitet wurde. „Sie mussten ihre letzten Stunden im Baulärm verbringen.“ Die Heimleitung sei zwar bemüht, die Folgen der Arbeiten abzumildern, doch „das Ganze hätte nicht bei laufendem Betrieb gemacht werden dürfen.“ Zeitweise konnten die Bewohner selbst ihre Toiletten nicht benutzen.

1545 Euro zahlt Ibler für seine Unterbringung, die Pflegekasse legt noch gut 1000 Euro drauf. Ihm und den anderen Bewohnern wurde zwar eine Mietminderung angeboten – aber nur eine mickrige. Peter Ibler hätte als Entschädigung 46 Euro bekommen, und die auch nur für die Zeit, in der die „Sanitärstrangsanierung“ in seinem Appartement anstand. Daher kürzte er seine Miete in Eigenregie um 800 Euro im Monat. Die erste Mahnung hat er schon bekommen.

"Lärm ist Folter", meint Pflegeexperte Claus Fussek

Die Bewohner hätten zwar in eine andere Einrichtung ziehen können, doch die liegt 136 Kilometer entfernt in Bischofswiesen. Wer dorthin wollte, sollte eine Fahrkostenpauschale von 49 Euro zahlen.

Eigentümer des Heims ist die Lore-Malsch-Stiftung, Betreiber das Diakoniewerk Hohenbrunn. „Wir haben versucht, die Situation für die Bewohner so erträglich wie möglich zu machen“, sagt Peter Stoll, Vorstand des Diakoniewerks. 35 Bewohner seien nach Ottobrunn „ausgelagert“ worden, weil sie zu nah an den Arbeiten gewesen wären. Allein das habe 160000 Euro gekostet. Der Bau werde zwar vom Freistaat unterstützt, nicht aber die Ersatz-Unterbringung. „Wir würden uns das auch anders wünschen für die Bewohner.“

Pflegeexperte Claus Fussek lässt das nicht gelten. „Es kann nicht sein, dass es so läuft. Lärm ist Folter.“ Ersatzpflegeplätze sind seiner Meinung nach unumgänglich. Die Bauarbeiten sollen noch 20 Monate dauern.

Julia Lenders

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