Hitler ist der „Blitztrompf“

Ein Kartenspiel sorgt für Aufruhr auf der Nürnberger Spielwarenmesse: Adolf Hitler als Trumpf im Reigen der Super-Diktatoren – damit beschäftigt sich jetzt die Staatsanwaltschaft.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Hitler imi Kartenspiel: Der "Blitztrompf"
Berny Meyer Hitler imi Kartenspiel: Der "Blitztrompf"

Ein Kartenspiel sorgt für Aufruhr auf der Nürnberger Spielwarenmesse: Adolf Hitler als Trumpf im Reigen der Super-Diktatoren – damit beschäftigt sich jetzt die Staatsanwaltschaft.

NÜRNBERG Er ist der Supertrumpf. Wer im „Tyrannen“-Quartett Adolf Hitler bekommt, hat schon gewonnen. Todesopfer: 55 Millionen, das schlägt kein andere Superschurke. Das Quartett ist seit zwei Jahren auf dem Markt, doch jetzt hat das Kartenspiel auf der Internationalen Spielwarenmesse in Nürnberg Wellen geschlagen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verwendung verfassungswidriger Zeichen.

Panzer, Kampfhubschrauber oder Düsenjets vergleichen kleine Jungs schon längst in ihren Karten-Quartetts. Warum nicht die Menschen, die die Kriegswaffen einsetzen, in einem Quartett zusammen fassen, dachte sich Jürgen Kittel vor vielen Jahren. Zusammen mit einem Studienfreund brachte er schließlich das Quartett „Tyrannen“ heraus: Stalin, Saddam Hussein und Mao treten gegen einander an. Die Kategorien: Alter bei der Machtübernahme, Herrschaftsdauer, Privatvermögen und – besonders makaber – Zahl der Todesopfer.

Dass Hitler mit seinen wahnsinnigen Gräueltaten und angelehnt an seine Aussprache zum „Blitztrompf“ wird, finden viele geschmacklos. Knittel verteidigt das Spiel: „Unser Ansatz ist es, dem gesammelten Ekel und Abscheu der Welt mit gesundem Humor zu begegnen.“

Mit Neonazis in einen Topf geworfen zu werden, davor fürchtet er sich nicht: „Wir nennen die Diktatoren die ,Geißel der Menschheit’, das schließt eine Schnittmenge mit Menschen, die die Diktatoren glorifizieren, aus“. Seine Firma, „Weltquartett“ hat auch schon Kartenspiele auf den Markt gebracht bei denen die tödlichsten Seuchen, widerlichsten Ungeziefer und gefährlichsten Drogen gegeneinander antreten. Da erfährt man unter anderem, dass ein Schuss Heroin für 7 Euro zu haben ist und dass jährlich 200000 Menschen an dem Rauschgift sterben. Oder dass das Ebola-Virus in 90 Prozent der Erkrankungsfälle zum Tod führt. Das fanden die Wissenschaftler am Robert Koch Institut in der Abteilung Mikrobiologie so interessant, dass sie die Kartenspiele für die gesamte Belegschaft kauften. „Auch unser Drogen-Quartett wird an Suchtkliniken verkauft“. Besonders stolz ist Jürgen Knittel, dass die Wissenschaftler bisher nichts an den zusammengetragenen Daten auszusetzen hatten.

Eine Genehmigung für die Quartett-Spiele hat die Firma nie bekommen. Ebenso wenig gibt es einen Vermerk auf den Karten, dass der Inhalt für Kinder und Jugendliche wenig geeignet ist. Auch den Messebetreibern ist nicht aufgefallen, dass der Stand möglicherweise Ärgernis erregen könnte. Doch nachdem die Nürnberger AZ von der Spielwarenmesse berichtete, ist jetzt die Staatsanwaltschaft aufmerksam auf das „Tyrannen“-Quartett geworden.

Die Ermittler prüfen zur Zeit, ob sich Kittel und seine Firma der „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ strafbar gemacht haben. Kripo-Beamten beschlagnahmten ein Kartenspiel direkt vom Messestand. Das Konterfei von Adolf Hitler auf einem Plakat musste Jürgen Knittel abhängen. Doch verkauft werden darf des Kartenspiels bislang schon noch. Die „Tyrannen“ sind mittlerweile in die dritte Auflage gegangen. Und da Diktatoren wie Kim Jong Il, Gaddafi, Fidel Castro oder Honecker im ersten Quartett keine Platz fanden, ist jetzt das Kartenspiel „Tyrannen II“ erschienen. J. Jauernig

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.