Historische Biergärten in Bayern: Diese sechs sind einen Besuch wert

Hier lässt sich das bayerische Lebensgefühl finden: im Biergarten. Mittlerweile stehen viele unter Denkmalschutz. Die AZ zeigt eine Auswahl - passend zum verlängerten Wochenende.
von  Natascha Probst
Für über 5000 Menschen hat der Augustinerkeller in München Platz.
Für über 5000 Menschen hat der Augustinerkeller in München Platz. © Augustinerkeller

Es sind die wahrscheinlich lebendigsten Denkmäler, die wir haben, sagt Mathias Pfeil, Generalkonservator des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD): Bayerns Biergärten. Sie würden die Geschichte des Freistaats auf ihre ganz eigene Weise erzählen. „Sie faszinieren durch ihre Vielfalt und sind Orte der Begegnung: offen, gesellig, voller Geschichte.“ Biergärten gehen auf das 16. Jahrhundert zurück, als Bier nur zwischen Ende September und Ende April gebraut wurde.

Biergärten entstanden häufig unter den zur Kühlung der Brauereikeller angelegten großen Bäumen – die man bis heute sehen kann. Traditionellerweise darf man in den Biergarten Speisen von zu Hause mitbringen – auch heute ist das oft noch der Brauch. Getränke müssen allerdings vor Ort erworben werden.

Münchens ältester Biergarten

Er ist Münchens ältester Biergarten: der Augustinerkeller in der Arnulfstraße. Über 5000 Menschen finden dort unter dem grünen Blätterdach im Freien Platz.

Für über 5000 Menschen hat der Augustinerkeller in München Platz.
Für über 5000 Menschen hat der Augustinerkeller in München Platz. © Augustinerkeller

Erstmals erwähnt wurde der Augustinerkeller 1812, sein heutiges Erscheinungsbild erhielt er nach einem großen Umbau im Jahr 1896. Seine Beliebtheit ist seitdem ungebrochen, auch wenn er heute um zwei Eigenheiten ärmer ist als im vorletzten Jahrhundert.

So gehört beispielsweise der berühmte „Bierochse“ der Vergangenheit an: Dieser trottete bis 1891 in der heutigen Halle im Kreis und beförderte über ein Windensystem Bier aus dem Keller nach oben zu den Gästen.

Auch der letzte Richtplatz Münchens, der direkt gegenüber auf dem Marsfeld lag, ist Geschichte. 1854 wurde dort zum letzten Mal mit dem Schwert hingerichtet, 1861 kam die Guillotine glücklicherweise letztmalig zum Einsatz.

Forchheim: Bier verwahrt in unterirdischen Gängen

Im 17. Jahrhundert wurde der Grundstein für den Kellerwald im oberfränkischem Forchheim gelegt. Die Brauer begannen, in Oberfranken untergäriges Bier herzustellen, das länger haltbar war.

Der Forchheimer Kellerwald.
Der Forchheimer Kellerwald. © Forchheim Tourismusmanagement

Damit es jedoch auch während der warmen Monate kühl gelagert werden konnte, wurden im Forchheimer Kellerwald kilometerlange unterirdische Gänge gegraben.

Der Transport des Bieres in die Stadt war mühsam, doch die Lösung war nicht fern: Bänke und Tische auf die Keller gestellt - geboren waren die Kellerwirtschaften. 23 Kellerwirtschaften laden noch heute auf einer Fläche von 20.000 Quadratmetern zur Einkehr ein.

Chiemgau: Das einstige Tor zur Welt

Eines der ältesten Gasthäuser mit Biergartenbetrieb im Chiemgau ist „D’Feldwies“ in Übersee. Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Gasthaus 1554, der heutige Bau stammt aus dem 17. Jahrhundert.

„D’ Feldwies“ in Übersee.
„D’ Feldwies“ in Übersee. © Michael Forstner/BLfD

Für Fuhrknechte aus dem Achental und Tirol war das Gasthaus einst das Tor zur Welt: Hier warteten sie an der Mündung der Tiroler Ache in den Chiemsee auf die Überfahrt zu den Inseln. Der Hafenbetrieb war lange Zeit die wirtschaftliche Grundlage für den kleinen Ort.

Anfang der 2000er wurde das Gasthaus mithilfe lokaler Firmen und der Bürger renoviert - die Gemeinde, die das Gebäude erwarb, verfügte damals nicht über die nötigen Mittel. Und so können dort auch heute noch Kaiserschmarrn, Knödel und Zwiebelrostbraten verzehrt werden.

Zurück in die 50er: Einkehr im Fliegenpilz in Lindau

Ein Denkmal in Form eines Fliegenpilzes befindet sich im schwäbischen Lindau. Die kleinen Milchpilze wurden in den 1950er Jahren entworfen, um den Absatz von Milch während des wirtschaftlichen Aufschwungs anzukurbeln.

Zudem war Alkohol damals erst ab 21 Jahren erlaubt, weshalb viele Kioske sich auf alkoholfreie Getränke spezialisierten.

Die Milchindustrie produzierte diese Kioske in Serie für viele europäische Länder. Insgesamt verließen laut dem BLfD 49 Milchpilze das Werk in Wangen im Allgäu, heute gibt es weltweit nur noch acht Exemplare.

Der Milchpilz in Lindau.
Der Milchpilz in Lindau. © Hari Pulko

Der erste Serienpilz ging, wohl auch wegen der geografischen Nähe, nach Lindau und wurde 1952 in der Nähe des Toskanaparks aufgestellt. Zwei Jahre später wurde er zum Sina-Kinkelin-Platz auf der Insel versetzt, wo er bis heute steht.

Bad Kissingen: Erfrischung im Café-Pavillon

In Unterfranken lockt nach einem Bad im Terrassenschwimmbad Bad Kissingen eine Abkühlung im Café-Pavillon. Anfang der 1950er Jahre wurden das Bad und das Café mithilfe der US-Armee erbaut.

Der Café-Pavillon im Terrassenschwimmbad Bad Kissingen.
Der Café-Pavillon im Terrassenschwimmbad Bad Kissingen. © Bad Kissingen/Mario Selzer

Als Zeugnis der Zeit des Wiederaufbaus und typisches Beispiel des 1950er-Jahre-Stils wurden 1994 zuerst der Café-Pavillon und 1996 das gesamte Terrassenbad mit Umkleidekabinen als Ensemble zum Denkmal erklärt, heißt es vom BLfD. Mit einzigartigem Ausblick über das Saale-Ufer bis hin zu den Bergen der Rhön lässt sich hier der Aufbruchsstimmung der Nachkriegsjahre nachspüren.

Passau: Von Ritterspielen und Hochzeiten

Hier wurden schon 1358 Ritterspiele und Hochzeiten gefeiert – auch heute kann man hier noch bayerische Schmankerl und kühles Bier genießen. Der Hacklberg, gegenüber der Passauer Altstadt am nördlichen Donauufer, zählt zu den bekanntesten Biergärten Niederbayerns.

Der Hacklberg in Passau.
Der Hacklberg in Passau. © Michael Forstner/BLfD

Im Mittelalter residierten hier auf dem Gutshof die Fürstbischöfe. Anfang des 17. Jahrhunderts entstand direkt gegenüber die fürstbischöfliche Weißbierbrauerei, die - inzwischen wieder im Eigentum des Bistums Passau - mit ihren historischen Gebäuden vom einstigen Wohlstand zeugt.

1692 folgte eine aufwendige Umgestaltung des Sommersitzes mit Pavillons, Wasserspielen und barocker Gartenkunst.

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