Hier versteckt sich die Mutter, die ihr Kind einfach vergaß

Prozess um den Tod der kleinen Lea: Die 2-Jährige starb an den Folgen mehrerer unbehandelter Krankheiten.
von  Abendzeitung
Birgit W. verbirgt sich mit einem Kopftuch vor den Fotografen.
Birgit W. verbirgt sich mit einem Kopftuch vor den Fotografen. © dpa

Prozess um den Tod der kleinen Lea: Die 2-Jährige starb an den Folgen mehrerer unbehandelter Krankheiten.

WEIDEN Das Martyrium der kleinen Lea aus dem oberpfälzischen Tirschenreuth muss fürchterlich gewesen sein! Als die Zweijährige im März ausgemergelt an den Folgen einer Lungenentzündung starb, litt sie bereits an einer unbehandelten, beidseitigen Mittelohrentzündung und einem Wasserkopf, der sich infolge einer ebenfalls nicht behandelten Hirnhautentzündung entwickelt und zu Verformungen des Schädels geführt hatte. Seit gestern muss sich ihre Mutter Birgit W. wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen, Verletzung der Fürsorgepflicht und gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht Weiden verantworten.

Die 22-Jährige will vom lebensbedrohlichen Zustand ihres Kindes nichts mitbekommen haben, bis sie am Morgen des 27. März die auf 8,2 Kilogramm abgemagerte Leiche ihres Kindes in seinem Bett fand. Die Staatsanwaltschaft wirft Birgit W. vor, ihre im Mai 2007 geborene Tochter aus Gleichgültigkeit „böswillig" vernachlässigt und gequält und damit ihren Tod billigend in Kauf genommen zu haben. Der Horror-Mutter drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Die Zweijährige wog am Schluss nur noch 8,2 Kilo

Zum Prozessauftakt räumte die stark übergewichtige Frau, die sich vor den Blitzlichtern der Fotografen und den Kamerateams unter einem Kopftuch versteckte, die Vorwürfe zum Großteil ein. Allerdings bestritt sie, den Tod ihrer Tochter gewollt zu haben. Über ihre Anwältin Andrea Schnetzer erklärte sie, sie sei mit der Versorgung ihres Sohnes Felix und der jüngeren Tochter Lea überfordert gewesen, nachdem sich ihr Ehemann und Vater der Kinder im August 2009 von ihr getrennt habe. Die Trennung von dem Mann, den sie mit 16 kennenlernte sei für sie „ein Schock" gewesen.

Lea habe schon immer ein engeres Verhältnis zu ihrem Vater gehabt und sich zunehmend von ihrer Mutter abgewandt. Sie habe „weg, weg", gerufen, wenn sie sich ihr genähert habe und um sich geschlagen.

Schließlich hätten sich ihre Gefühle für Lea, die wie ihr Bruder Felix ein Wunschkind gewesen sei, abgekühlt. Lea sei ihr egal geworden. Sie habe sich von ihrer Tochter abgelehnt gefühlt und nicht mehr darum gekümmert, ob sie esse oder trinke. Anzeichen für eine schwere Erkrankung ihres Kindes habe sie nicht gesehen. Sie habe auch nie gewollt, dass Lea in Lebensgefahr gerate.

Den Tod ihrer Tochter bedauere sie „zutiefst und aus ganzem Herzen“. „Wenn sie könnte, würde sie alles rückgängig machen“, erklärte die Anwältin. Als Birgit W. vom Vorsitzenden Richter Bernhard Ring gefragt wird, warum sie denn nicht versucht habe, das Verhältnis zu ihrer Tochter zu verbessern, Kinder seien nun einmal ab und an bockig, entgegnete die Angeklagte leidenschaftslos und mit sehr leiser Stimme: „Ich hab’s versucht. Es hat halt nichts gebracht.“

Das Urteil wird am 27. September erwartet. B. Caspary

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.