"Hier tauche ich in mein Universum ab": So wohnt der Cartoonist Peter Gaymann in Bayern

Wenn Peter Gaymann aus dem holzumrahmten Dachfenster seines Ateliers blickt, erstrecken sich vor ihm Wiesen und Wälder. Der gebürtige Freiburger (74) hat Bayern zu seiner Wahlheimat erklärt – für die Liebe. Man kennt Gaymann als den Herren der Hühner, das geflügelte Tier ist über die Jahre sein Markenzeichen geworden. Seine inzwischen 20.000 Zeichnungen finden sich auf Postern, Postkarten, in Büchern sowie Kalendern und wurden millionenfach verkauft.

Mit seiner Frau Viktoria Steinbiß-Gaymann hat er vor etwa zehn Jahren den ehemaligen Marienhof im Schäftlarner Ortsteil Neufahrn gekauft. Die Geschichte und die Besonderheiten des ehemaligen Wirtshauses möchte das Paar bewahren. Freilich findet man hier und dort auch einige Hühner.
Cartoonist Gaymann: "Man lebt in einem Haus, das Geschichte hat"
Die gewölbten Türbögen im Erdgeschoss, die dicken Mauern oder der originale Dachstuhl erinnern an das einstige Gasthaus, das von 1779 bis ins Jahr 1920 den Ortskern prägte. An dem Haus vorbei führte damals ein Pilgerweg, der das Kloster Schäftlarn und das Kloster Andechs miteinander verband. Heute ist er Teil des Jakobsweges. "Man lebt in einem Haus, das Geschichte hat, das bedeutet etwas", sagt Steinbiß-Gaymann.

Die ehemalige Fernsehmoderatorin sowie Homöopathin und ihr Mann lebten gerade in Köln, als die heute 66-Jährige das Haus 2015 auf Immo-Scout fand.
Nah an der Autobahn, ruhig gelegen, 400 Quadratmeter Fläche, zehn Zimmer, historischer Boden: Für die Gaymanns waren dies die perfekten Gegebenheiten für ihr künftiges Heim. Die zwei mögen sich ungemein gern, das merkt man als Gast des Hauses schnell. Sie lachen miteinander, ergänzen gegenseitig ihre Sätze. Steinbiß-Gaymann war einst eine Kundin des Zeichners, bevor sie sich ineinander verliebten.

Gaymanns wollen Wirtshaus-Charakter bewahren
Die Einrichtung haben sie zusammen bestimmt. Im Erdgeschoss, wo vor knapp 250 Jahren Trubel im Wirtshaus herrschte, befinden sich heute Wohnzimmer, ein Gästezimmer, Küche und Essbereich. "Wir haben viel gelassen, viel neu gemacht." So findet man an einer Wand etwa einen Abschnitt mit buntmarmoriertem Verputz, der noch aus der Zeit als Dorfwirtschaft stammt. "Wir haben ihn unter apricotfarbener Raufasertapete gefunden", so Steinbiß-Gaymann stolz. Auch der originale, historische Kachelofen ist nebenan im Wohnzimmer noch zu finden.

Die Gästezimmer, es gibt zwei, seien dem Paar wichtig gewesen, um den Charakter des Wirtshauses, das auch als Gasthaus diente, zu bewahren. "Dieses Gefühl wollen wir weiterleben lassen." Für Gaymanns Kinder und Enkel, ebenso wie für Freunde aus Freiburg oder Köln, stehen deshalb immer Betten bereit.
Wichtig ist dem Paar beim Wohnen die Ästhetik. "Ich komme aus einem Elternhaus, wo beide Eltern Architekten waren, damit bin ich aufgewachsen", sagt Steinbiß-Gaymann, die in farbenfrohen Klamotten strahlt. Gaymann erzählt wiederum, dass er aus einfacheren Verhältnissen stammt. Für ihn sei immer wichtig gewesen, dass sein Zuhause geschmackvoll eingerichtet ist.
Keine überladene Wohnung: Jedes Objekt hat seinen Platz
So finden sich Mann und Frau auch in den Dingen wieder: Da wäre eine Vase, die Steinbiß-Gaymann mit Glassteinen befüllt hat und Gaymann mit einem als Entenkopf bemalten Stein ergänzt hat. Oder vom Paar auf Trödelmärkten gesammelte, markante Köpfe als Verschlüsse auf Flaschen, die auf einem Tresen in der Küche platziert wurden. Die Einrichtung wirkt dabei jedoch nicht überladen, jedes Objekt hat seinen Platz.

Auch Hühnerfiguren und -zeichnungen – von beiden küssend unter der Dusche, oder als Gemälde in verschnörkelten Bilderrahmen eingerahmt – finden sich verteilt im Haus. Postkarten zieren eine Wand, auf denen die Bilder berühmter Maler zu finden sind – und Gaymanns gefiederte Gefährten. "Dieses Huhn habe ich zum Beispiel auf das Rembrandt-Gemälde gezeichnet, als wäre es schon immer dort gewesen", sagt der Künstler und zeigt auf ein gelbes, lachendes Huhn.
Gaymann über Einrichtung: "Wir lieben unsere Dinge, sie erzählen Geschichten"
All die Dinge, ob Sammler- und Kulturstücke, gekauft, gefunden, oder auf Flohmärkten erworben, haben für die Gaymanns eine Bedeutung: "Wir lieben unsere Dinge, sie erzählen Geschichten, tragen unsere Erinnerungen mit sich, haben Persönlichkeiten", so der Cartoonist, der etwa aus seinen Freiburger Jahren den Posaunenengel vom Freiburger Münster als Figur im Haus aufgestellt hat. Seine Frau ergänzt: "Wir mögen es gemütlich, individuell, aber es muss nicht repräsentativ sein."

Gleichzeitig bringe jeder auch Eigenständiges mit, wie Gaymann sagt: "Viktoria geht gerne in die Oper, während ich lieber Rock oder Pop höre. Sie hat ihre bunte Kleidung, strickt, ich habe meine Zeichnungen." Im "wunderschönen Dachstuhl" hat Gaymann sein Atelier. Auch das sei ihm beim Kauf des Hauses wichtig gewesen, dass dort arbeiten möglich ist und gleichzeitig jeder seinen eigenen Raum hat, um sich kreativ ausleben zu können. Über sein Atelier sagt er: "Hier tauche ich in mein Universum ab".
Sich mit Wohnen und Design zu beschäftigen, das macht dem Paar offenkundig Spaß. "Es ist ein bisschen, wie in einem Museum hier", fasst Gaymann zusammen und lacht.
Hinweis: Viele Werke von Peter Gaymann sind anlässlich seines 75. Geburtstags am 26. Juni bald in seiner Ausstellung „Lachen in verrückten Zeiten“ zu sehen. Wo und wann? Neues Kunstmuseum Tübingen, vom 27.6. bis 3.8.2025