Hier schämt sich ein einst ehrbarer Kirchenmann
Günther H. (68), Finanzchef der evangelisch-reformierten Kirche, plünderte die Konten seiner Glaubensgemeinschaft um 8 Millionen Euro
NÜRNBERG Fast 30 Jahre vertraute die evangelisch-reformierte Kirche in Bayern ihrem Finanzchef Günther H. (68) blind. Niemand merkte, wie er ihre Konten plünderte. Wegen Veruntreuung von fast acht Millionen Euro muss sich der Steuer- und Wirtschaftsberater seit Montag am Nürnberger Landgericht verantworten.
Durch einen anonymen Anruf bei der Justiz waren die Machenschaften des so genannten Rechners aufgekommen, im Juli 2008 kam Günther H. in U-Haft. Die jährlichen Überprüfungen hatte er zuletzt durch Ausreden hinausgezögert.
„Es war das erklärte Ziel des Rechners, die Finanzkraft der Kirche zu stärken und das Vermögen zu mehren“, erklärte der Angeklagte. 1980 habe er „durch geschicktes Aktienmanagement“ der Kirche noch 40 Millionen Euro Rendite beschert. Im Prozess geht es um die letzten vier Jahre seiner Amtszeit, in denen er Millionen an Euro von Tagesgeld- oder Depotkonten der Kirche (10.000 Mitglieder bayernweit) einfach abzog. Er „verlieh“ das Geld offiziell an vielversprechende, aber tatsächlich windige Firmen, an denen er auch noch beteiligt war.
Die Ausrede: "Es waren die falschen Partner"
Es ging um den Aufbau von Müllverbrennungsanlagen, einer Brotfabrik in der Türkei sowie um den Handel mit Nachtspeicheröfen und Solaranlagen. Alles floppte, obwohl er zigtausende Euro aus der Kirchenkasse in die Unternehmen pumpte, Barbeträge über eine Million abhob und verschob.
„Es waren die falschen Partner“, bemerkte Günther H., der sich erst später detailliert dazu äußern will. Er feilt noch an seiner Erklärung.
Der Prozess ist auf sechs Tage angesetzt, da der Krebskranke nur wenige Stunden am Stück verhandlungsfähig ist. Am Mittwoch will er sich zur Rolle der Kirche äußern. Was wusste die damalige Kirchenspitze? Verfahren gegen den Kirchenchef und einen Assistenten stehen noch aus. cis
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